Diesen Beitrag könnte man auch überschreiben mit “Erstens kommt es anders, und Zweitens als man denkt”. Laut offizieller Planung hätte es dieser Tag in sich haben sollen, und er hatte es auch, doch ganz anders, als man denkt. Doch eins nach dem anderen. 😉

Trotz des großen geplanten Tagespensums lassen wir uns mit dem Frühstück Zeit, da der Wirt nicht willens ist, für uns am Sonntag morgen so früh aufzustehen, dass wir zeitig loskommen. Was solls, wir sind ja im Urlaub.

Immerhin sind alle um 9:00 Uhr gestiefelt und gespornt bei ihren Mopeds, so dass wir immer noch gemütlich losfahren können. Das ist die Tagesplanung:

Von San Siro geht es ungefähr die gleiche Strecke wieder zurück bis nach Chiavenna, wo wir uns mit Benzin versorgen wollen. Doch erst die dritte Tankstelle ist in der Lage, unsere Wünsche – und die von 20 anderen Bikern! – zu befriedigen. Es ist halt Sonntag Morgen… Irgendwann klappt es dann, und wir fahren strikt nach Norden zum Splügenpass. Kurz nach der Tanke werden wir von einer HP2 überholt. Nicht gerade ein Urlaubsmotorrad, aber er scheint zu wissen, was er macht.

Hinter Chiavenna fährt man fast durchgehend durch bebaute Landschaft, doch es lässt sich hier schon sehen, dass ein richtig spaßiges Erlebnis auf uns zukommt. Daher verabschieden wir zwei bekannten “Schnellerfahrer” uns vom Rest und düsen den Hang hinauf, der heute durch Einheimische und vereinzelte Touristen schon relativ stark bevölkert ist. Aber irgendwann ist die Strecke dann frei, und wir genießen die zügige Fahrt den Berg hinauf.

Kurz vor dem Splügensee überholen wir den HP2-Fahrer wieder. Irgendwie scheint er darüber etwas konsterniert zu sein… 😉

Am Splügensee überlegen wir kurz, ob wir warten sollen, aber vor dem Restaurant stehen so viele Motorräder, dass wir uns entschließen, bis zur Passhöhe hochzufahren und dort auf die Freunde zu warten.

Und da standen wir nun. “Du stehst auf der Strohsn und woardst auf das Bruuumn von ahm … Harley? Suzi Trude? Nichts ist zu hören. Doch plötzlich kommt der Nähmaschinen-ähnliche Ton einer 650er BMW den Berg hinauf, und unsere Begleiterin Elke erscheint. Die hätten wir jetzt wahrlich nicht als Erste erwartet, doch sie weist uns darauf hin, dass die neueste Maschine in unserem Pulk, Klaus’ Harley, leichte Probleme hätte. Kurz darauf erscheinen auch die anderen: Claudia auf dem Sozius von Harald, Klaus alleine auf seiner XFHLTCS Electra Glide (was auch immer!), und Werner hinterher.

Und so sehen sich erst einmal eine Handvoll unbedarfter Menschen eine vollverkleidete Maschine an und tun so, als ob sie etwas davon verstünden. 😉

Die Maschine springt an, sie läuft, doch irgendwie läuft sie nur auf einem oder anderthalb Zylindern. Da wir eh’ nichts ausrichten können, entschließen wir uns, mit dem lädierten Gefährt weiter zu fahren. Klaus muss sowieso heute noch nach Basel, das versucht er auf alle Fälle. Dieser ganze Stress hat bewirkt, dass sich bei einigen der Hunger meldet.

Also suchen wir die nächste Gelegenheit hinter diesen wunderschönen Serpentinen zum Essen fassen und fallen bei einem Restaurant am Rande der Straße ein, vor dem auch schon andere Motorradfahrer angehalten haben. Wir ergattern einen schönen sonnigen Platz auf der Terrasse des Restaurants und lassen es uns gut gehen.

Hier entschließen wir uns, die Tour abzuändern, um Klaus und Claudia noch möglichst lange Geleit geben zu können, und in Splügen nicht links in Richtung San Bernardino (schluchz), sondern nach rechts in Richtung Chur zu fahren. So entsteht ein leider letztes Photo fast der ganzen Truppe.

Der weitere Weg ist schnell erzählt: Wir fahren über Sufers und Andeer auf einer autobahnähnlichen Straße durch die Viamala-Schlucht bis nach Thusis, wo wir uns noch einmal ein Restaurant suchen, um Abschied zu nehmen. Claudia und Klaus fahren zurück nach Basel, wo sich am nächsten Tag herausstellt, dass ein simpler Stecker einer Zündbox lose war. Um das aber zu reparieren muss die Hälfte der Verkleidung abgebaut werden…

Wir anderen fahren gen Osten, in Richtung Davos durch wunderschönes schweizer Hochland, auf hervorragend ausgebauten, sehr breiten Straßen nach Tiefencastel (das wir ja gestern schon einmal gestreift haben), um dort auf direktem Weg über Glaris und Davos bis nach Davos Dorf zu fahren, wo wir wieder auf die geplante Route stoßen. Was haben wir verpasst? Hauptsächlich den San Bernardino und den Lukmanier mit der grandiosen Bergwelt, die man von den Straßen aus sieht. Aber diese Berge und Straßen laufen uns nicht weg, und es ist viel wichtiger, dass Klaus und Claudia gut nach Hause gekommen sind.

Unser nächstes Ziel heißt Flüela, eigentlich ein ganz gefälliger Pass. Allerdings wird gerade die Straße grundsaniert, selbst die Stützmauern der Serpentinen werden neu errichtet, und so schlängelt sich der Verkehr über mehrere Kilometer durch das Kiesbett, das von der Straße übrig geblieben ist. Nicht allzu angenehm mit dem Motorrad!

Am Gipfel angekommen machen wir eine kurze Rast.

Kurz ist die Rast, weil direkt vor der Ankunft von Werner ein Reisebus voll mit Japanern zu uns gestoßen ist (siehe Bildhintergrund).

Da aber außerdem die Gipfelgastronomie sich auf einen Container beschränkt, haben wir uns hier nur kurz aufgehalten und sind gleich weiter gefahren.

Für den letzten Teil der Tagesetappe habe ich mir ob der Zeit (wir sind ja aufgrund der Vorkommnisse und der damit zusammen hängenden Streckenänderungen erheblich früher als geplant) eine Alternativstrecke ausgesucht, die uns den linken Talhang hinauf auf eine wunderschöne Hochebene führt. Die Straßen sind hier oben nur einspurig, aber es fährt sowieso niemand, so dass wir in aller Ruhe mitten auf der Straße anhalten und Aufnahmen von uns und der Gegend machen können.

Der Weg zu unserem Tagesziel besteht jetzt nur noch aus der Bundesstraße im Talgrund, die dazu verleitet, zügig zu fahren. Nach diesem doch etwas zuckeligen Tag ist das die richtige Ablenkung. Zwischendurch laufen wir auf eine MC-Truppe aus Schaffhausen auf, die uns aber trotz ihrer Kutten und ihres martialischen Auftretens brav vorbeiwinken. Auch hier ein herzliches Dankeschön!

In Martina, direkt hinter der Grenze, tanken wir dann bei einem schwäbischen Tankstellenbesitzer. Schon komisch, mitten in der Pampa mit breitestem “Von dr Alp rah”-Slang angesprochen zu werden.

In Ried im Oberinntal biegen wir links ab und nehmen die letzten Serpentinen des Tages in Angriff, um unser Hotel mitten in Serfaus erst zu suchen, und dann endlich zu finden.

Das Hotel Regina (ein besseres Bild habe ich leider nicht gefunden, aber die Homepage ist sehr ansprechend!) hat sich für den Sommer komplett auf Motorradfahrer eingestellt, entsprechend sieht auch die Garage aus. Aus ganz Deutschland sind Biker hier untergekommen, man versteht sich, man unterhält sich, und genießt den Abend unter Gleichen.

Nach einem ausgedehnten Spaziergang durch den Ort fallen wir alle relativ früh ins Bett. Morgen heißt es dann, die letzte Alpenetappe in Angriff zu nehmen.

So hätte das Höhenprofil aussehen sollen:

Und so sind wir schlussendlich gefahren:

Heut’ geht’s mir gut! 😎

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