Vor Kurzen musste ich einmal einem Stau ausweichen, und dabei kam ich vor dem Schloss in Mannheim zum Halten.

Hier ist eines dieser typischen braunen Hinweisschild zu finden, mit denen irgendwelche touristischen Initiativen auf sich aufmerksam machen. Spargelstraße, Barockstraße, Alleenstraße, Weinstraße (in vielen verschiedenen, lokalen Varianten), was gibt es da nicht alles, mit dem man das Interesse der Bevölkerung auf sich ziehen will und kann. In diesem Fall handelt es sich um die Burgenstraße.

 

Dass es funktioniert, sieht man daran, dass ich nichts Besseres zu tun hatte, als mich, sobald ich im Zug saß, ins Internet zu stürzen (dank T-Online-Hotspot im ICE ist das ja heute möglich), und nach “Burgenstraße” zu suchen. Und relativ schnell fand ich die Homepage dieser Straße.

Da ich noch etwas Zeit hatte und mein Motorrad-Tourenplaner (dessen aktuelle Version leider die letzte ist, da der Hersteller die Privatkundenproduktentwicklung eingestellt hat) sowieso offen war, baute ich mir eine Tour zusammen, die sämtliche Burgen, Schlösser und Sehenswürdigkeiten berührte, die einen Bezug zur Burgenstraße haben. Heraus kam eine Strecke, die innerhalb von knapp fünf Tagen abzufahren war. Ein Tag Aufenthalt in Prag, ein Tag Rückfahrt – fertig ist die Tourplanung.

Wann immer sich eine Gelegenheit bot machte ich Werbung für die Ausfahrt, und durch die Verschiebung eines anderen Termins war auf einmal das Wochenende um den Tag der deutschen Einheit frei. Zwei Freunde sagten sofort zu, und damit war klar, dass die Tour stattfindet. Jetzt sind wir alle nicht so kulturbeflissen, dass wir jedes Schloss, jede Kirche und jede Burg besuchen müssen, daher wurde die Tour optimiert und auf das Wichtigste an Sehenswürdigkeiten reduziert. Denn natürlich sollte sie mit Motorrädern stattfinden, und da steht das Fahren im Vordergrund und nicht das Bewundern von Altertümern.

Die ungefähre Lage der Übernachtungen wurde durch den Tourenplaner vorgegeben, die Hotels selbst suchte ich mit Hilfe von HRS heraus. Damit hatte ich schon in der Vergangenheit nur gute Erfahrungen gemacht. Und es hat den Vorteil, dass die Zimmer bis zum Tag der Anreise storniert werden können – gerade bei einer Tour im Herbst ist das ein gewichtiges Argument.

An den Tagen vor der Abfahrt zeigte das Barometer steil nach unten, so dass wir uns schon alternative Routen aussuchten. So standen etwa Paris, Mailand und Wien zur Auswahl. Da jedoch das Wetter in ganz Mitteleuropa gleich durchwachsen war, entschieden wir uns, trotz leichten Nieselregens, am 1. Oktober Richtung Prag loszufahren.

Mannheim, Schwetzingen, Heidelberg, den Neckar entlang. Selten habe ich die Strecke so auto- und vor allem motorradfrei  erlebt. Neckargemünd, Eberbach, noch sind wir uns nicht sicher, ob wir “nur” mit Motorradkleidung weiterfahren, oder ob wir auf die Regenkombis wechseln. In Neckargerach biegen wir links ab, um statt der “langweiligen” Bundesstraße auch einmal etwas Landstraße zu sehen. Das allerdings gestaltet sich zum Abenteuer, denn der Nieselregen verbündet sich auf fatale Art und Weise mit den auf den Straßen herumliegenden Blättern. Es wird etwas rutschig, bleibt aber beherrschbar. In Mosbach, einem kleinen, mittelalterlich geprägten Städtchen machen wir die erste “richtige” Pause. Hm, irgendwie heißen hier alle Leute “Kapferer”. Und in einem Cafe gleichen Namens wärmen wir uns dann auch auf, trinken etwas und einige von uns entscheiden sich, anschließend in der dicken Regenkombi weiter zu fahren. Im Endeffekt bleibt das die Kleidung für die nächsten Tage, was aber bei jeder Pause ein witziges Aus- und Anzieh-Prozedere nach sich zieht.

Leider ist das Navi-System (TomTom), das wir anstatt eines hergebrachten, selbstgeschriebenen und funktionierenden Roadbooks verwenden, nicht in der Lage, Wegepunkte einfach auszulassen oder zu löschen. Mit eiserner Beharrlichkeit verlangt es, dass wir einen ausgelassenen Punkt anfahren. Dadurch sind wir gezwungen, auch persönlich bekannte schöne Nebenstrecken auszulassen, weil das Navi etwas anderes sagt. Vor Heilbronn biegen wir ab in Richtung Öhringen; endlich wird das Wetter etwas besser, ab und zu schaut die Sonne heraus. In Schwäbisch Hall scheint die Sonne so hell, dass wir dort die zweite Pause einlegen. Nach Kaffee und Kuchen (bzw. Zwiebelkuchen und widerlich süßem neuem Wein) in einem Cafe stehen wir auf den Stufen der St. Michaels-Kirche, schauen auf das wunderschöne alte Rathaus und lassen es uns gut gehen. So haben wir uns das Ganze vorgestellt.

Irgendwann aber fahren wir dann doch weiter, Rothenburg ob der Tauber ruft als Tagesziel.

Wir haben Glück: Die Sonne, die in Schwäbisch Hall vom Himmel lachte, begleitet uns auch bis nach Rothenburg. So macht Motorradfahren Spaß: Durch eine leicht hügelige Landschaft cruisen, ab und an etwas Gas geben, weil man die Strecke für mehr als 500 Meter einsehen kann (sonst lohnt es sich für den Harley-Fahrer nicht, er muss ja sonst gleich wieder bremsen 😉 ) und dabei den vereinzelten Regentropfen ausweichen. In Rothenburg hatten wir Zimmer im Gasthof Post in der Ansbacher Straße reserviert. Für Biker ist das besonders empfehlenswert, da der Herr des Hauses seine Garage zur Unterbringung der Bikes zur Verfügung stellt. Zumindest bei uns hat er das gemacht. 😉

Nach einem gemütlichen Abendessen im goldenen Lamm – natürlich mit den passenden Speisen auf dem Tisch – sowie einem Rundgang auf der mittelalterlichen Stadtmauer kehren wir müde, aber zufrieden in die Post zurück. Ein Schlaftrunk beendet diese erste Etappe.

Heut’ geht’s mir gut!  😎

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