Wie das Leben so spielt: Eine für den nächsten Tag anberaumte Sitzung wurde kurzfristig um eine Stunde nach vorne verlegt, sodass ich bereits am Vorabend anreisen musste. Aus lauter Frust nutzte ich dengeschenkten Abend in München, um ganz gemütlich den lange ins Auge gefassten Besuch im Toshi zu realisieren.

Da ich keine Lust habe, irgendwo im Restaurant zu sitzen, habe ich mir einen Tisch zur Straße hin reserviert: Diese Tische stehen in einem ehemaligen Schaufenster, man sitzt also sozusagen auf dem Präsentierteller.

Mich stört das nicht, ganz im Gegenteil: Man hat einen hervorragenden Blick auf die vorbeischlitternden Fußgänger. 😉


Der Abend beginnt vielversprechend: Da ich mir einen Sake zum Essen gönne, darf ich mir als erstes aus einer bunten Auswahl von Bechern einen aussuchen. Dies ist meine Wahl:
Der Sake selbst kommt sehr praktisch in einem glasierten Tongefäß, das in warmem Wasser steht. Bisher kannte ich nur die doppelwandigen Porzellangefäße zum Warmhalten des Sake.


Natürlich gibt es nicht nur den Sake, ich muss leider noch fahren, daher wird das Essen hauptsächlich von Grüntee begleitet.

Die Vorspeise kommt, 9 verschiedene Überraschungsvorspeisen:

Ich probiere die erste Zeile  von oben rechts, dann geht es in der Mitte von links weiter und endet in der dritten Zeile wieder von rechts .

Tofu
Ich weiß zwar nicht, wie der Tofu angemacht ist, er schmeckt jedenfalls intensiv nach… Soja? Ich weiß, das klingt etwas komisch, doch ich kenne diesen Geschmack nicht, und kann daher nur raten. Da er ganz entfernt an Sojaöl erinnert, kam mir der Gedanke, dass dies eventuell der originäre Soja-Geschmack ist.

Algen eingelegt und Algen gekocht
Die eingelegten Algen sind leicht pikant angemacht, dafür haben die gekochten einen intensiven Nori-Geschmack.

Schwein
Das Schwein könnte von der Konsistenz her fast Leber sein, der leicht an Lachs erinnernde Geschmack widerspricht dem jedoch.

Rind
Die Idee, das Rind von Dijon-Senf begleiten zu lassen, hat etwas. Das muss ich mir merken.

Lachs und Muschel
Der Lachs ist ganz kurz frittiert und anschließend sauer eingelegt, die Muschel ist im Gegensatz dazu als Tatar angemacht.

Rinderzunge
Die Miniatur-Rinderzunge ist optisch so gut gelungen, dass ich sie noch einmal alleine ins Bild setzen muss:

Leider lässt sie allerdings den typischen Geschmack und die passende Textur vermissen.

Gemischtes, gekochtes Gemüse
Über das Gemüse muss ich nichts verlieren, es handelt sich einfach um perfekt zubereitete saure Pickels.

Die neun Vorspeisen bieten eine Geschmacksvielfalt, die viel mehr als die neun einzelnen Speisen darstellt. Die Kombination hält Gaumen und Geschmackspapillen erheblich länger gefangen als eine einzelne Speise es könnte. Ein wahrer Genuss.

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Etwas zu schnell kommt die Suppe, eine weiße Misosuppe mit Riesengarnele.

Schon optisch stellen die ganz kurz blanchierten Spargel und Pilzeteile einen Höhepunkt dar, hinter dem der Geschmack in keiner Weise zurücksteht. Und auch das Rettich- und Karottenstück drücken genau die Essenz ihres Seins aus: So gegart, dass sie gerade eben nicht mehr al dente sind, aber mit dem gesamten verfügbaren Geschmack versehen, der zu ihnen gehört.

Die Brühe ist ganz weich, fast süß, ohne den häufig anzutreffenden zu intensiven Geschmack nach Umami. Und dann kommt der Höhepunkt: Die Riesengarnele. Exakt auf den Punkt gegart, fällt sie fast von selbst aus der Schale. Der Geschmack kann nicht besser sein: Typisch Garnele, mit einem ganz leichten Hauch von Meer. Was will man mehr?

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Gegrillte Gänsestopfleber und gekochter Rettich


Egal, ob ich beim Japaner oder Franzosen bin: Wenn ich eine Gänsestopfleber angeboten bekomme, nehme ich sie an. Diese hier ist sehr kurz angebraten und ganz leicht glasiert, auf einem weichgekochten Rettich, dessen stark zurückgenommener Eigengeschmack die Leber hervorragend unterstützt. Deren Konsistenz würde es erlauben, sie auf einem Toast zu verstreichen, kein Knötchen, keine durch das Braten hartgewordene Stelle. Sie ist einfach perfekt, bis hin zu dem ganz im Hintergrund auffindbaren Geschmack nach Fett.

Schon jetzt, vor der Hauptspeise, kann ich sagen, dass das Toshi nach meiner Wertung das Rennen gegen das Emiko wahrscheinlich gewonnen hat.

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Sushi-Variation “Empfehlung vom Chef”

Generell: Der namensgebende Reis ist hervorragend, in Textur, Würze und Geschmack genau so, wie er sein soll. Ich sehe vor meinem geistigen Auge einen den Fächer schwingernden Sushi-Meister, der gerade dabei ist, den Reis zu temperieren und zu säuern…


Das Lachstatar-Maki… die Essenz einer Maki-Rolle
Der Aal – ohne Worte, einfach perfekt
Ebi – leicht nach Meer schmeckend, bissfest


Der Thunfisch: Typische Sushi-Qualität, ebenso der Lachs, beides nicht überragend, da es eben die typische Sushiqualität ist und nicht etwas Besonderes wie z.B. Toro.

Der Weissfisch besticht durch die Bissfestigkeit und den intensiven Lauchgeschmack. Wieso hebe ich das hervor? Weil er eben NICHT nach Fisch schmeckt.

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Tagesdessert

Die Nachspeise. Bekanntermaßen kann ich darauf verzichten. Das gilt auch für diese: Ich kann ganz im Hintergrund etwas Sesam entdecken, aber sonst bin ich komplett unwissend. Natürlich schmeckt sie leicht süß, aber ich kann mich nicht damit anfreunden. Sie ist sicher gut, aber halt nichts für mich. Schade.

Auf Nachfrage wird wenigstens mein Geschmacksempfinden bestätigt: Es handelt sich um Sesampudding.

Was bleibt mir noch zu sagen? Wenig. Ich bin wohlig gesättigt, ich bin sehr damit zufrieden, mir diesen Abend gegönnt zu haben, ich glaube, dass das Toshi den Wettstreit des besten Japaners in München gewonnen hat, aber ich bin mir nicht sicher. Daher muss ich noch einmal ins Emiko, und dann ins Toshi, und dann nocheinmal ins Emiko und so weiter. 😉

Heut’ geht’s mir gut! 😎

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