Wie war das noch einmal? Wir starteten zu viert, sammelten Werner ein und trafen uns in Reutte mit Klaus und Claudia. Also sieben. Gestern sind Klaus und Claudia wegen technischer Probleme ausgestiegen (macht fünf), und heute hat es Elke und Harald erwischt. Seine Reifen haben leider schneller abgebaut als gedacht, daher nehmen sie heute den direkten Weg per Autobahn nach Hause. Wir sind also noch zu dritt, und auf uns wartet heute eine schöne, geruhsame Strecke, auf der wir uns von den Anstrengungen der letzten Tage ausruhen können.

Nach dem Frühstück verabschieden wir uns voneinander und fahren als Trio gen Landeck, wo zuerst einmal getankt wird. Die Strecke von Ried nach Landeck ist wildromantisch, sie führt durch eine Schlucht mit steil aufragenden Wänden, auf der anderen Seite der Straße führt weiter unten der Inn entlang.

Und unvermittelt steht man mitten in Landeck, nur wenige Meter vom Bahnhof entfernt. Zum Glück ist die Verkehrsführung inzwischen so geregelt, dass man die Stadt nur kurz genießen muss, man ist in kürzester Zeit wieder aus dem Gröbsten heraus. Eigentlich führt uns der Weg ja direkt auf den Arlbergpass, aber… ich kenne aus verschiedenen Winteraufenthalten die Silvretta Hochalpenstraße, und jetzt bitzelt es mich, diese auch einmal im Sommer zu fahren. Die Abstimmung mit Werner und Wolfgang geht 3:0 für diesen Umweg aus, und so biegen wir nach kurzer Zeit links ab in das Patznaun.

Sesslebene, Kappl, Ischgl – bisher kenne ich die Strecke nur bei Schnee, aber auch bei warmen Temperaturen, wie sie zurzeit herrschen, macht die Landschaft Spaß. Im Vorbeifahren sehe ich ein neues Gebäude, vor dem eine Menge Motorräder stehen.

Da hat doch tatsächlich jemand ein Motorrad-Testcenter mitten ins Paznaun gesetzt, bei dem man BMW, Ducati, KTM und Triumph in zwei Klassen tageweise mieten kann. Zu Sätzen, die von keinem anderen Teilnehmer am Markt bisher geboten wurden (mit Gästekarte 60 und 80 Euro pro Tag, ohne Gästekarte 90 und 110 Euro). Und die Klassen haben es in sich: Bei BMW und Triumph ist es jeweils fast die komplette Palette, bei Ducati immerhin zwei Monster, eine Hypermotard und zwei Multistrada. Und für Kurzentschlossene wird auch die komplette Ausrüstung wie Anzug, Helm Handschuhe etc. zur Miete angeboten.

Doch zurück zu unserer Tour: so langsam geht es immer weiter den Berg hinauf, und nach einem kurzen, aber herzhaften Anstieg kommen wir zur Passhöhe mit dem größten einer ganzen Reihe von Stauseen.

Wir nutzen das schön gestaltete Restaurant für eine kurze Rast, um dann den Abstieg in Richtung Bludenz auf uns zu nehmen.


Wir nehmen die Gelegenheit wahr, dass sich außer uns niemand auf der Straße befindet und lassen es laufen… bis hinunter an den Ortseingang von Schruns, wo wir uns an einer Tankstelle wieder sammeln. Werner hatte an einem der letzten Tankstopps seinen Tankdeckel liegen lassen, und an dieser Tanke bekommt er auf Nachfrage eine große Kiste mit Deckeln ausgehändigt. Tatsächlich findet sich in diesem Fundus auch ein passender Deckel für sein Trude-Töpfchen.

Kurz nachdem wir aus Schruns wieder herausgefahren sind kommen uns zwei Radfahrer mit zwei Polizeimotorrädern als Eskorte entgegen. Irgendwie kommt uns das spanisch vor, doch bald darauf erscheint eine ganze Gruppe von Fahrrädern, und dann noch eine, und noch eine und so weiter. Alles in allem dürften uns an diesem Tag rund 1.000 Fahrradfahrer – oder besser gesagt Fahrrad-Rennfahrer! – mit Begleitfahrzeugen, Einweisern, Polizisten und so weiter entgegen gekommen sein. [Exkurs: Wie ich inzwischen herausgefunden habe, handelt es sich um die “Schwalbe-Tour-Transalp” mit 1.200 Teilnehmern, die in sieben Etappen von Sonthofen über die Alpen führt. Mit dem Fahrrad. Bei der Hitze. Alles Verrückte.] Unser Weg führt uns an Bludenz vorbei auf der Landstraße den Arlberg hinauf, und die ganze Zeit begleiten uns die Räder. Insofern hat es sich als gut herausgestellt, dass wir den Umweg über das Paznaun genommen haben, sonst wären wir den Osthang des Arlberg hinauf hinter den Fahrrädern gefangen gewesen. Keine so schöne Vorstellung…

Hinter Stuben biegen wir links ab in Richtung Flexenpass, und endlich sind wir die Einschränkungen des Radrennens los. Dafür dürfen wir auf den ersten Serpentinen drei einheimische Tanklaster überholen, die fahren, als wäre der Leibhaftige hinter ihnen her.

Lech und Warth lassen wir hinter uns, dafür nutzen wir den Kiosk in Schröcken, um Energie zu tanken.

Die idyllische Landschaft lädt aber auch dazu ein, komplett zur Ruhe zu kommen.

Die Fahrt durch den Bregenzer Wald ist unspektakulär, auf kleinen bis mittleren Strecken windet sie sich bis nach Hub, wo wir eigentlich auf die B308 abbiegen wollen, um die Städte am Bodensee zu umfahren, doch irgendwie schaffe ich es, genau nach Lindau hinein zu fahren. Sehr ärgerlich, aber nicht zu verhindern. Nach diversem Hin und Her machen wir schließlich in Kressbronn in einer netten kleinen Kneipe namens Kapelle unsere Mittagspause.

Jetzt können wir von uns behaupten, bei Witzigmann gegessen zu haben. 😉

Auf zweit- und drittklassigen Straßen geht es nach dem Mittagessen über Enskirch, Oberteuringen, Daggenhausertal, Pfullendorf und Krauchenwies nach Sigmaringen. Mit den letzten Tropfen schaffen wir es bis zu einer Tankstelle, zum Glück ist keiner von uns liegen geblieben, auch wenn es knapp war.

In der Nähe von Sigmaringen muss es einmal eine größere Militäreinrichtung gegeben haben, denn von hier bis nach Trochtelfingen führt eine Bundesstraße, die im Nichts beginnt und im Nichts endet, die aber sehr breit ausgebaut ist, und auf der wir das Glück haben, Einheimische vor uns zu haben: Zwei Autos fahren die Strecke mit 120-140 km/h entlang, wobei sie an manchen Gebüschen die Geschwindigkeit auf rund 100 km/h verringern, um anschließend wieder zu beschleunigen. In oder hinter den Büschen sind jeweils kleine graue Kästen installiert, die darauf warten, dass unachtsame Fahrer schneller Autos vorbeikommen…

Wir haben es jedoch geschafft, keine offiziellen Erinnerungsphotos zu erhalten, und die letzten Kilometer bis nach Mössingen bringen wir auch noch unbehelligt hinter uns. Unser Hotel ist heute Nacht das Brauhaus Fischer am Rande der Stadt.

Nach dem Abendessen machen wir noch einen kleinen Spaziergang durch das Städtchen, bevor wir müde auf unsere Zimmer gehen. Leider wird die Nachtruhe durch die Kühlanlage der Brauerei regelmäßig gestört, und da es eine sehr heiße Nacht ist, ist auch das Schließen der Fenster keine Alternative. Aber irgendwann schlafe auch ich ein.

Hier ist das Höhenprofil der Tour, mit der Anpassung der Silvretta-Hochalpenstraße:

Heut’ geht’s mir gut! 😎

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