Als wir an diesem Morgen erwachten, hatten sich die Wolken komplett verzogen, die Straßen wiesen noch letzte Reste des Regens auf, aber zumindest südlich der Alpen versprach der Tag, ein schöner zu werden. Nachdem wir Werner an seinem Hotel abgeholt hatten (ich hatte nur zwei Hasenställe bekommen, er musste mit einer nobleren Herberge vorlieb nehmen…) machten wir uns auf in die Centovalli. Die Strecke von Ponte Brolla nach Masera gehört zu den wild-romatischsten, die ich je gefahren bin. Nicht, dass man hier rasen könnte (die Straße ist kaum breiter als ein Auto), sie besteht ganz im Gegenteil fast ausschließlich aus engen Kurven, die an die Wand eines extrem steilen Tals geklebt wurden.

Besonders faszinierend ist eine Basilika in Re, die zwischen 1920 und 1950 gebaut wurde. Ein Riesenbau mitten in der Pampa…

Hinter Masera beginnt dann der weniger schöne Aufstieg zum Simplonpass. Wir hatten Glück, an diesem Tag fuhren so gut wie keine LKWs nach Norden, wir konnten daher wenigstens diese Rampe in angemessenem Tempo zurücklegen. Oben angekommen wollten wir Pause machen, hier aber herrschten Wolken, leichter Kieselregen und vor allem nur 5° Celsius. Auf gut deutsch: Es war saukalt.

Folgerichtig fuhren wir direkt weiter, kamen dabei jedoch vom Regen in die Traufe: Direkt hinter dem Simplon beginnt der Abstieg nach Brig, an dem derzeit (und wohl noch einige Zeit) gebaut wird. Mit der Folge, dass wir erst rund 10 Minuten in einer LKW-Schlange an einer Ampel standen, ohne überholen zu können (wir standen in eine einspurigen Tunnelgalerie), und dass wir anschließend in eben dieser LKW-Schlange die 20km nach Brig schleichen mussten. Leider kann man vom Motorrad aus die teilweise faszinierende Architektur der Simplonstraße nicht richtig würdigen. Darum hier ein Photo einer wirklich sehenswerten Brücke:

In Brig legten wir die lang ersehnte Pause ein, denn jetzt begann der Aufstieg in Richtung Furkapass. Innerhalb einer knappen halben Stunde fuhren wir durch das obere Rhonetal auf einer gut ausgebauten Zubringerstraße Richtung Furka, allerdings bogen wir in Ulrichen nach rechts ab. Nicht, weil uns der Furka nicht gefällt, nein, wir wollten ihn für später aufheben und uns erst einmal einen “richtigen” Pass einverleiben. Den Nufenen.

Noch in Ulrichen überholten wir eine im Wege stehende Dose, um dann bis zum Sattel freie Bahn zu haben.  Besonders die letzten Kurven machen dabei Spaß…

Die anschließende Pause haben wir gebraucht. Auch wenn wir nicht unbedingt müde aussahen. 😉 Stolze Ritter sozusagen.

Aber natürlich haben wir auch die Natur bewundert, das Panorama an dieser Stelle ist schon beeindruckend:

Irgendwann ist jede Pause vorbei, und vor uns lag der ebenfalls mit Serpentinen gespickte Abstieg Richtung Airolo. Die letzten Kilometer kann man es ruhig angehen lassen, hier ist die Straße gut ausgebaut, sie hat eher den Charakter einer Bundesstraße im Flachland als den einer Passstraße.

Umso lustiger wurde es dann ab Airolo, hier ging es Richtung Sankt Gotthard. Und zwar nicht in der bekannten Form der Durchgangsstraße, sondern in der Uralt-Variante durch das Val Tremola.

Kopfsteinpflaster, feuchte Stellen, Kurvenradien jenseits von gut und Böse (manche waren so eng, dass selbst ich mit meinem Monster Probleme hatte, von Werner mit seiner Trude ganz zu schweigen!), und dann auch noch Baustellen mit Bauarbeitern, die am Straßenrand standen und nur darauf warteten, dass einem von uns ein Fehler passiert.

Doch es hat alles geklappt. Wir sind gut über diese Strecke gekommen und erreichten fix und fertig aber glücklich die Gotthardklause – um dem dort herrschenden extremen Touri-Rummel gleich wieder zu entfliehen und Richtung Andermatt weiter zu fahren. Kurz vor diesem Ort sind wir dann links abgebogen, um jetzt endlich den Furka unter die Räder zu nehmen. Bis Realp kann man diese Strecke schon fast als langweilig bezeichnen, dann aber ändert sie ihren Charakter und wird zur schmalen, schlecht gesicherten Hochgebirgsstraße.

Grandios ist der Ausblick von der Furkapasshöhe:

Auf der anderen Seite geht es dann im Sturzflug und ebenfalls in engen, aber erheblich besser ausgebauten Serpentinen am Hotel Belvedere und einem Blick auf den Rhonegletscher hinunter nach Gletsch.

Ein Tip für diejenigen, die in Gletsch in Richtung Grimsel fahren wollen: Kurz nach den letzten Serpentinen kommen zwei Stellen, an denen man auch eine längere Kolonne überholen kann, die man dann auf dem Anstieg zum Grimsel nicht vor sich hat. 😉

Dieser Anstieg ist ebenfalls hervorragend ausgebaut, man kann es, wenn die Strecke frei ist, zwischen den Serpentinen richtig laufen lassen, und auch die Kurven sind so ausgebaut, dass man keine unangenehmen Überraschungen erlebt, wenn man etwas vorausschauend fährt. Uns hat es jedenfalls Spaß gemacht, und irgendwie waren wir froh über die anschließende Pause am Grimselpass.

Bären und Eulen kann man auch bewundern.

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Na ja, wohl eher Murmeltiere und Kolkraben. Oder Tauben. 😉

Kurz vor dem Grimsel haben wir eine Gruppe von Morgan überholt, die uns bis zum Ende des Tages immer wieder vor die Räder kamen.

Irgendwie sollten Kolonnen von zusammengehörenden Autos verboten werden. Zumindest, so lange wir gerade unterwegs sind. 8) Auf der anderen Seite haben wir genau den richtigen Zeitpunkt erwischt, um die Tour zu machen, ich glaube nicht, dass normalerweise so wenig Verkehr herrscht.

Die Strecke vom Grimsel hinunter nach Innertkirchen ist hervorragend ausgebaut (wenn nicht gerade eine Baustelle besteht), man hat eine hervorragende Sicht auf den entgegenkommenden Verkehr, und man erwischt sich öfters einmal bei leicht zu hohen Geschwindigkeiten. Aber das Wissen um die gravierenden Folgen einer Geschwindigkeitsüberschreitung gebieten es, sich zu zügeln.

In Innertkirchen (das kenne ich doch irgendwoher… stimmt, da waren wir gestern doch auch schon!) biegen wir nach Osten ab, um den Susten ein zweites Mal anzugehen. Dieses Mal zügeln wir unsere Bikes erst wieder am Steingletscher, dieses Bild wollen wir doch noch genießen.

Leider hingen in dem Moment, als wir dort waren, die Wolken sehr tief, für unsere Photos ergab das auf der anderen Seite aber einen schönen Effekt.

Was mir auf der ganzen Tour aufgefallen ist: Wir sind eigentlich immer alleine durch die Gegend gefahren, sobald wir jedoch irgendwo angehalten haben hat es keine fünf Minuten gedauert und wir waren umringt von anderen Bikern. Irgendwie witzig.

Der Rest des Tages ist schnell erzählt: Vom Susten aus ging es über Wassen und Bristen auf einer breiten, normalen Bundesstraße nach Altdorf, vorbei am Nordtor des Basistunnels, dessen Durchbruch wenige Tage nach unserer Tour gelang. Die Baustelle ist genauso gigantisch wie das ganze Vorhaben: Fast fünf Kilometer fährt man an gewaltigen Aushubhügeln, Kies- und Sandbergen sowie Lagerstätten für Betonplatten vorbei. Da wir an einem Wochenende da waren, stand auch noch eine ganze Armada von Baumaschinen und LKWs auf dem Gelände.

Die sieben Pässe dieses Tages waren zwar extrem anstrengend, sie haben aber auch im Rückblick allen Beteiligten sehr viel Spaß gemacht. Allerdings war dieser Abend sehr kurz, kurz vor zehn lagen wir bereits in den Federn.

Heut’ geht’s mir gut. 😎

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