Die Überschrift über diesen Bericht könnte auch lauten:

“Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt.”

😉

Vor fast zwei Jahren wurde die Idee geboren, eine Alpentour in Frankreich zu unternehmen, bei der wir nicht nur am Rande der Alpen entlang fahren, sondern richtige Pässe überqueren wollten. Dann wurden die Teilnehmer definiert, der Mittelpunkt der Tour – Annecy – und der Zeitpunkt, und dann … wurde alles über den Haufen geworfen.

Um es kurz zu machen: Übrig geblieben sind die Alpen, doch nicht die West- sondern die Zentralalpen, aber sowohl der Zeitpunkt als auch die Strecke und die Teilnehmer wurden im Laufe der Planung des Öfteren abgeändert. Nachdem drei Tage vor dem Start der letzte Wackelkandidat abgesagt hatte, stand wenigstens die Mannschaft fest:

Werner auf einer Suzuki Intruder 1500

Wolfgang auf seiner BMW K1200S

und meine Wenigkeit auf meinem Babymonster, einer Ducati 900.

Herausgekommen ist letztendlich eine Fünftagestour über Luzern, Locarno, Altdorf, Schaffhausen und die dazwischenliegenden Pässe.

Der erste Tag war als reine Anfahrt gedacht, was bei einer Streckenlänge von 340km und fast durchgehend autobahnähnlich ausgebauten Straßen eine Fahrtzeit von rund vier Stunden bedeutete. Die Abfahrt war daher auf 14:00 Uhr angesetzt, alle drei waren da, dummerweise auch dunkle Wolken, aus denen sich ein konstanter, unangenehmer Regen ergoss. Was aber keinen störte: Regenkombi über dem Lederanzug oder Textilkombi war sowieso angesagt, und das Gepäck war wasserdicht. Nach 60 Kilometern kam dann die Erleichterung: An der Grenze zum Elsass hörte der Regen auf, und kurz danach riss die Wolkendecke auf. Von da an begleitete uns die Sonne, sie versteckte sich zwar immer mal wieder hinter Wolken, es blieb jedoch trocken.

Kurz hinter Straßburg mussten wir dann das erste Mal anhalten: Trotz ihrer Ausmaße und der Auslegung als Tourer/Cruiser hat die Suzi einen Tank, dessen Inhalt gerade mal für 150km reicht. Das hatte zur Folge, dass meine im Navisystem hinterlegten Tankstops nur noch Makulatur waren. Das wäre im Schwarzwald oder den Vogesen ein Problem, da dort die sowieso seltenen Tankstellen am Wochenende geschlossen haben, es sollte sich jedoch herausstellen, dass in der Schweiz  jeder Misthaufen eine Zapfsäule hat, an der man mittels EC-Karte rund um die Uhr bezahlen kann.

Apropos Navisystem: Auf meinen bisherigen Touren habe ich immer mit einem Roadbook aus Papier und der Darstellung in Piktogrammen navigiert. Das wollte ich natürlich auch dann beibehalten, wenn ich mit einem Navi unterwegs bin, also habe ich mir nach langer Suche ein “Tripy II” zugelegt, denn dieses Teil stellt mir genau das zur Verfügung, was ich suchte: Ein elektronisches Roadbook.

Im Standardmodus sieht man nur die Strecken-Piktogramme sowie für die Tour wichtige Infos wie Strecke bis zum nächsten Punkt, Strecke bis zum Ziel, Ankunftszeit, Entfernung bis zur nächsten geplanten Tankstelle, zurückgelegte Fahrtstrecke, und natürlich die Uhrzeit. Zu diesem Teil und seinen Fähigkeiten werde ich ein anderes Mal berichten.

Bei diesem Tankstop haben wir auch eine Entscheidung getroffen, die ich später bereut habe: Wir entschieden uns ob des Wetters, in der Schweiz nicht per Autobahn, sondern auf der Landstraße nach Luzern zu fahren.

Bis Saint-Louis ging es weiter auf der französischen A35, der Direktverbindung von Straßburg nach Basel. Natürlich hätten wir auch auf der A5 in Deutschland fahren können, dort aber sind Verkehrsdichte und Straßenzustand für Motorradfahrer untragbar. Und weshalb sollte man das freiwillig auf sich nehmen, wenn man kein Masochist ist?

Ab Saint-Louis fuhren wir auf Landstraßen durch Basel (wo sich jedes Navi verfährt…) und den Rhein entlang bis Stein am Rhein, wo es dann nach Süden in Richtung Luzern abging. Leider ist die gesamte Strecke Stadtgebiet oder generell auf 60 begrenzt, sodass unser Vorhaben, diesen Tag für eine gemütliche Anfahrt zu  nutzen, konterkariert wurde. Es war im Endeffekt eine unangenehme Eierei. Erst ab Frick wurde die Landschaft etwas annehmbarer, hin und wieder konnten wir sogar nette Ausblicke auf die Landschaft werfen.

Und dabei hatte ich einen Flashback: Was fällt einem ein, wenn man den Ort “Beromünster” hört? Ich sah sofort die Skala auf unserem alten, mit einem magischen Auge versehenen Röhrenradio vor mir, auf der an prominenter Steller der Sender “Beromünster” zu finden war. Und so sieht der Funkturm aus:

Prominent steht er auf einem kleinen Hügel, und doch hatte ich mir diesen Turm immer größer, mächtiger vorgestellt, eher wie den Stuttgarter Fernsehturm. Aber er stellt halt nur die Funktion zur Verfügung, er muss nichts repräsentieren.

Faszinierend waren dann die letzten 20 km nach Luzern hinunter: Jenseits des Tals und der Stadt fiel der Himmel herunter, hier ging ein so starkes Unwetter nieder, dass man die Berge dahinter nicht mehr sehen konnte. Es war komplett stockfinstere Nacht. Doch wir hatten das Glück, auch die letzten Kilometer in strahlendem Sonnenschein zurücklegen zu können.

Das Sparen der Vigniette hat uns schlussendlich 2 Stunden gekostet, wir kamen gegen 20:00 Uhr an unserem designierten Hotel Ibis in Kriens an, wo wie nach einem gemütlichen Abendessen eine geruhsame Nacht verbrachten.

Heut’ geht’s mir gut. 😎

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