Bisher hat mich mein Monsterbaby nicht im Stich gelassen. Mustergültig macht sie, was sie soll, braucht alle 200km etwas zu trinken, ab und zu etwas höhere Geschwindigkeit, damit die Öltemperatur wieder sinkt (besonders nach einer Stadtdurchquerung), ich bin zufrieden. Was will man mehr?

Ganz nach Planung haben wir nach dem Frühstück zwei Abgänge zu beklagen: Harald und Elke wollen sich noch ein Schiffshebewerk ansehen und dann auf direktem Wege wieder nach Hause eilen, die restlichen vier füllen erst einmal wieder den Tank und brechen dann auf gen Süden.

Eigentlich sollte es ja von Toul mit seiner gigantischen Kathedrale aus wieder die Mosel entlang gehen, da ich aber einen nicht angekündigten Schlenker kurz vor Ende der Etappe in die Vogesen eingebaut hatte, entschloss ich mich kurzfristig, auf direktem Weg auf einer tollen Route Departement (D904) nach Charmes zu fahren. Unterwegs kamen wir durch ein hügeliges Gebiet, das von der Armee besetzt ist. Offensichtlich lagert hier ein Teil des Arsenals der “Force de frappe”, denn so gut gesicherte Wäldchen und Hügelchen kenne ich sonst nur aus Kentucky oder Idaho, wo auch mitten in der Pampa auf einmal ein Hochsicherheitsgelände auftauchen kann.

Obwohl wir keine 20km von Nancy entfernt waren, fuhren wir komplett alleine. Auf der ganzen Strecke bis Charmes (immerhin rund 50km) haben wir kein einziges Auto überholt (nein, wir sind nicht unbedingt nur 90 gefahren!), und uns kam auch keines entgegen. Selbst die Dörfer entlang der Mosel waren seltsam ausgestorben. Kaum Autos, keine Menschen, alles hat einen leicht morbiden Charme, irgendwie erinnerte die Szenerie an einen Katastrophen-Science-Fiktion. Lag das daran, dass es Samstag war? Waren alle Leute in die “großen” Städte zum Einkaufen gefahren? Sehr seltsam…

Von Charmes aus ging es dann wieder entlang der Mosel durch Vincey und Thaon-les-Vosges nach Chavelot, wo wir bei einer lieben Bekannten ein schönes kleines Mittagessen zu uns nehmen konnten. Es gab Pizzinchen, kleine Küchlein, einen schönen frischen Salat aus dem eigenen Garten sowie eine tolle Käseplatte. Genau das richtige für hungrige Biker!

 

Merci, Vivian, Harald et Alice!

Nur wenige Kilometer ging es nach der Mittagspause noch durch flaches Gelände, ab Epinal begann unser Weg, sich in die Vogesen zu verziehen. Schöne, langezogene Kurven auf den besser ausgebauten Routes Nationales, enge Haarnadelkurven mit schlechter Oberfläche auf den Nebenstraßen. Pouxeux, Éloyes, Saint-Étienne-lès-Remiremont, Le Syndicat. Wie Perlen liegen die Orte entlang den Nebenstraßen, die oben am Talhang entlangführen, während die Mosel im Tal nur an wenigen Stellen sichtbar ist.

Immer steiler wurden die Berge um uns herum, man merkte jetzt, dass man sich im Mittelgebirge befand. In Saulxures-sur-Moselotte – wir hatten also die Mosel verlassen und befanden uns jetzt bei der Moselotte – tankten wir vor dem “richtigen” Einstieg in die Vogesen.

Die folgenden Kilometer sollten den Höhepunkt unserer Tour darstellen: Zuerst der Anstieg über Ventron und die Serpentinen von Le Frenz nach Kruth, von dort aus ging es links hinauf die wildromantische und für Motorradfahrer ideale Strecke nach Le Markstein. Der Himmel war voller Gleitschirmflieger, bei Le Markstein sahen wir dann auch, wieso: Nach dem Start gleiten die Schirme bis zur Abrisskante, dort aber steigen sie wie in einem Aufzug mehrere hundert Meter in die Höhe. Es sieht schon klasse aus, das will ich mir aber denn doch nicht antun.

Natürlich waren die Restaurants am Rande der Straße überfüllt von Autos, Fahrradfahrern und Motorrädern,  auch oben am Grand Ballon konnte uns nichts dazu überreden, uns der Herde der Touristen anzuschließen.

Statt dessen fuhren wir die Route des Crêtes weiter, die Straße nach Thann hinab, bis wir zu einer Ferme Auberge kamen.

Brüderliche Freude über die Aussicht.

Hier konnten wir auf der Terrasse ohne Stress, mit nur wenigen anderen Reisenden unsere Getränke genießen. Und für die Mitfahrer unter uns, die die Region noch nicht kannten, tat sich ein leider etwas diesiger Blick auf unsere nächste Tagesetappe auf: Die Rheinebene sowie den südlichen Schwarzwald.

Inzwischen war es richtig heiß geworden, wir waren nach den Anstrengungen des Tages relativ müde und wollten nur noch in unser Etappen-Hotel “Le Moschenross“. Was zum Glück schalldichte Fenster aufwies: Es lag genau neben der Hauptein- und Ausfallstraße in die Vogesen…

Nach einem kurzen Päuschen zum Ausruhen trafen wir uns um 18:00 Uhr, um die Stadt unsicher zu machen. Sehr schnell mussten wir jedoch realisieren, dass es hier nichts zum unsicher machen gab… ein paar Restaurants und Brasserien, eine Kirche, ein, zwei Andenkenläden, das war alles. Wenigstens hatte wir ein – wie wir dachten – gutbürgerliches Restaurant gefunden, in dem wir nach dem Aperitiv dann zu Abend essen wollten. Das “Caveau de l’Engelbourg” entpuppte sich jedoch sehr schnell als gehobenes Speiserestaurant, in dem wir es uns wohlverdient gutgehen ließen.

Das Essen war einfach ausgezeichnet. Ob Entenleberpastete, Filetsteak, saure Nierle oder Crème brûlée: Alles war exakt richtig gegart, sehr hübsch angerichtet und es schmeckte auch wunderbar. Die Weinkarte ist für französische Verhältnisse klein, wir fanden trotzdem als Begleiter zu unserem Essen einen Chablis von 2005, der hervorragend zu den doch sehr unterschiedlichen Speisen passte. Ein Ausflug hierher lohnt sich wirklich.

Etwas gewöhnungsbedürftig sind die Ergebnisse des Hobbies des Patrons, die sich an jeder Wand wiederfinden: Er glaubt, malen zu können…

Schön, gell? Aber es kommt noch besser…

Ob diese Dame wohl schon immer ein Höschen anhatte? 😉

Nach einem kleinen Rundgang durch das Industrie- und Wohnviertel von Thann verabschiedeten wir uns dann relativ früh auf unsere Zimmer: Das Frühstück war bereits für acht Uhr bestellt.

Heut geht’s mir gut! 😎

Print Friendly, PDF & Email