Mich hat es sozusagen “im Vorbeifahren”, also ohne lokales Ziel nach Bielefeld verschlagen. Was macht man, wenn man in einer fremden Stadt ohne Begleitung und vor allem: Ohne Ortskenntnisse etwas unternehmen will? Man geht einfach los. Was ich gemacht habe.

Bielefeld im Dunkeln. Obwohl es erst gegen 21:00 Uhr war, war ich alleine auf der Straße. Man hätte an diesem Abend problemlos einen Endzeitthriller drehen können, in dem es um eine Welt geht, in der die Menschheit ausgestorben ist, man hätte nichts absperren müssen. Es gab weder Passanten noch Autos, nur ein Hund lief mir über den Weg. Ich frage mich jetzt, ob das an Bielefeld oder an etwas anderem lag…

Nun gut. Nach einer viertel Stunde hatte ich einige Restaurants und Kneipen passiert, die aber alle auch seltsam ausgestorben waren, bis ich endlich einen hell erleuchteten Ort in der Ferne auftauchen sah. Wie eine rettende Insel oder wie das Cafe in Hoppers “Nighthawk” lag da das “Kado Sushi”.

Ein gutes Zeichen beim Besuch eines unbekannten Restaurants ist immer, wie viele Leute sich gerade darin aufhalten. Hier bekam ich einen der letzten Plätze, ich konnte also alleine vom Augenschein her schon einmal sicher sein, nicht schlecht zu essen.

Das Ambiente ist passend schlicht gehalten: Einfache Holztische mit geraden Stühlen, etwas erhöhte, barähnliche Tische mit Hockern in den Fenstern sowie die obligatorische Bar stellen die Einrichtung dar. Im Hintergrund läuft Loungemusik, so dass man auch trotz der nicht vorhandenen Raumtextilien von den Gesprächen der anderen Gäste nur sehr wenig mitbekommt.

Die Speisekarte präsentiert sich ähnlich spartanisch, eine einfache Holzplatte mit einer Ordnermechanik hält die Karten, auf denen sich die Auswahl der verschiedenen Bereiche (Vorspeise, Hauptspeise, etc.) befindet. Einen kleinen Eindruck davon kann man bekommen, wenn man sich die pdf-Version davon ansieht (aus der ich auch die Bilder ausgeschnitten habe).

Endlich einmal ein Restaurant, in dem ich meinen Lieblingstee zu trinken bekomme! Wer jemals einen Genmaicha probiert hat, wird ihn immer trinken wollen, wenn er ihn bekommen kann. Dies ist nicht nur ein besonderer grüner Tee, er ist auch noch mit geröstetem Puffreis aromatisiert. Ein wunderbarer Begleiter zu japanischem Essen, da er in der Lage ist, die Geschmacksnerven immer wieder zurückzusetzen, sie also auf neue Eindrücke vorzubereiten. Zur Unterstützung der Verdauung habe ich mir dann noch einen Daiginjo Sake gegönnt, auch das bekommt man nicht in jedem Restaurant angeboten.

Zum Essen: Da ich die Portionsgröße hier noch nicht kenne, halte ich mich bei der Speisenauswahl erst einmal zurück. Misosuppe ist obligatorisch zum Sushi, aber Kimuchi – scharf eingelegten Kohl – bekommt man nicht überall. Also wird der bestellt. Und als “Hauptspeise” wähle ich eine Bento-Box, in diesem Fall eine Vorauswahl aus sechs Maki-, fünf Nigiri- und einem Gunkan Sushi. Um es kurz zu machen: Der Fisch ist ausnahmslos frisch, der gegrillte Seeaal ist klasse, der Reis in genau der richtigen Konsistenz, es gibt nichts auszusetzen. Bis auf die Tatsache, das ich nicht satt werde. Aber das bin ich ja gewöhnt, ich habe mir daher noch zwei Inari als Nachspeise bringen lassen. Die hier gezeigten Bilder stellen übrigens effektiv die Qualität des Essens dar, das mir an diesem Abend kredenzt wurde.

Selten habe ich ein Restaurant erlebt, das bei aller Nüchternheit eine so angenehme Atmosphäre ausstrahlt. Der Erfolg war, dass ich nach dem Essen noch rund 30 Minuten sitzenblieb, um die Straßenszene vor dem Fenster, die anderen Gäste und die Bedienung zu beobachten.

Fazit: Sollte es mich jemals wieder nach Bielefeld verschlagen, werde ich sicher wieder hier vorbeischauen. Sollte Bielefeld bis dahin nicht ganz ausgestorben sein. 😉

Heut geht’s mir gut! 😎

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