Jedes Jahr am 24. Dezember trifft sich ab 12:00 Uhr unsere Nachbarschaft an einem Vorgartenmäuerle zu Glühwein und Gutsele, also Brödle oder besser gesagt Weihnachtsgebäck auf der Straße und lässt das vergangene Jahr Revue passieren.

Es ist schon witzig, wie sich dabei die vorbeifahrenden Autofahrer verhalten: Die meisten freuen sich, viele grüßen, auch wenn sie niemanden von uns kennen, ein paar halten an, um einen kleinen Schnack zu halten, und nur ganz wenige tun so, als bemerkten sie nichts. Nun gut.

Dieses Jahr hatte das Treffen eine Folge, die ich nicht bedacht hatte: Im Laufe des Jahres hatte mir befreundeter Jäger, bei dem ich einen ganz jungen (Milch-)Frischling bestellt hatte, einen Überläufer von 40 kg beschafft, für den meine Tiefkühlkapazitäten einfach nicht ausreichten. Also habe ich damals eine liebe Nachbarin angehauen und sie gebeten, mir eine Schublade in ihrem Gefrierschrank zur Verfügung zu stellen. Was sie auch gerne gemacht hat, vor allem, weil ich ihr als Gegenleistung einen Teil der Sau versprochen habe. Tja, und zu Weihnachten wollte sie diese Schublade wieder zurückhaben. Was bedeutete, dass ich in relativ kurzer Zeit viel Schwein verarbeiten musste. Und das zu dieser Jahreszeit, in der es sonst ja nicht viel zu essen gibt… also entschied ich mich dazu, einen Wildschweinrücken zuzubereiten, da ich dazu nicht nur den Rücken, sondern auch die Rippenlappen sowie anderen “Kleinkram” verarbeiten konnte und damit den nötigen Platz für die ausquartierten Teile gewann. Der Rücken hatte ungefähr 20 cm Länge und war genau richtig für zwei hungrige Mäuler.

Den Rücken und die anderen Teile habe ich zwei Tage im Kühlschrank auftauen und anschließend in einer Marinade aus Buttermilch, Rotwein (das muss jetzt wirklich kein guter sein, ich verwende dazu einen etwas obskuren “Cuvee St. Moritz”, der mir irgend wann einmal zugelaufen ist) und etwas Rotweinessig für zwei Tage bei Zimmertemperatur reifen lassen. Wenn es denn so weit ist, werden die Teile aus der Marinade (die anschließend in den Orkus wandert) genommen und mit Papiertüchern leicht getrocknet. Der Rücken wird ausgelöst und pariert, die eventuell anhängenden Filets für ein anderes Essen beiseite gestellt.

Für die Soße braucht man:

die Knochen und Abschnitte des Rückens, sowie beliebige andere “Abfallteile”
1 Bund Suppengemüse (1 Karotte, 1 Stück Sellerie, 1 Stück Lauch
1 Orange
1 Zwiebel
1 Lorbeerblatt
1 TL Zimt (oder eine Zimtstange)
2 Sternanis
4 Wacholderbeeren
8 Nelken
400 g reife Tomaten enthäutet und entkernt ODER 1 Dose Tomaten
1 EL Butter
400 g Egerlinge
250 ml Sahne
500 ml Rotwein (Kochwein, also ein Wein für den Koch) 😉

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Die Knochen und Abschnitte werden auf einem Backblech unter dem Grill innerhalb von 20-30 Minuten geröstet, um Aroma zu bekommen. Dabei muss regelmäßig etwas Wasser in das Backblech gegossen werden, um zu vermeiden, dass der austretende Saft anbrät.

Das Suppengemüse wird grob gewürfelt und in einem großen Topf in der Butter angeschwitzt. Die (geschälte) Zwiebel wird mit den Nelken gespickt und zusammen mit den Knochen, den Abschnitten, dem Saft vom Backblech, den Gewürzen, der filetierten Orange und dem Wein ebenfalls in den Topf gegeben. Man füllt mit Wein oder Wasser auf, bis die Knochen bedeckt sind. Diesen Topf stellt man in den auf 120 Grad erhitzten Backofen und lässt ihn dort für 3-4 Stunden. Anschließend wird die Flüssigkeit durch ein Sieb gegossen, die klein geschnittenen Egerlinge werden hinein gegeben und das Ganze reduziert, bis man die gewünschte Konsistenz erhält. Wer möchte, kann die Soße mit Sahne, Wein oder einem Gelee variieren. Und jetzt darf man sie auch mit Pfeffer und Salz abschmecken.

1 ausgelöster Wildschweinrücken
2 EL Butter
Pfeffer
Salz

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Während dessen wird der Rücken gesalzen und gepfeffert und in einer Pfanne mit 2 EL Butter von allen Seiten angebraten (nein, nicht um die Poren zu schließen, das ist eine Mär, sondern um Aroma zu bekommen) und anschließend für 30-40 Minuten (je nach Dicke) in den immer noch 120 Grad heißen Backofen gegeben. Den Rücken für 5 Minuten ruhen lassen, in Medaillons schneiden und mit der Soße zusammen servieren.

Als Beilage gab es natürlich die bereits erwähnten Spätzle, übriggeblieben ist außer einem weiteren Rettungsring nichts.

Heut’ geht’s mir gut! 😎

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