Was macht man, wenn man die ganze Woche unter Stress steht? Genau! man gönnt sich etwas! Bei unserem lokalen Harley und Buell-Händler gibt es ein Angebot, bei dem ein Motorrad statt 350 Euro von Samstag mittag, 12:00 Uhr bis Dienstag morgen, 10:00 Uhr nur 199 Euro kostet. Und das auch noch bei unbegrenzten Kilometern!

Also habe ich mir kurz entschlossen am Samstag eine Buell Ulysses geliehen. Die stand schon länger auf der Lister der zu testenden Maschinen, und da die anderen Kandidaten nicht oder nicht mehr zur Verfügung standen (es ist schließlich schon Mitte Oktober, wer rechnet da noch mit Kunden, die sich etwas leihen möchten…) habe ich diese Schönheit genommen.

Da stand sie also. Irgendwie gewöhnungsbedürftig. Aber über diese Phase bin ich schon weg, ich wollte sie ja fahren. Also rauf auf den Bock. Jetzt bin ich mit 1.80m nicht gerade der Kleinste, aber selbst für mich ist es problematisch, mehr als die Fußspitzen auf den Boden zu bekommen. Na ja, im Prinzip soll man mit dem Motorrad ja auch fahren und nicht stehen, also sehen wir darüber mal großzügig hinweg. 😉

Was macht man als Erstes? Genau, man startet das Gefährt. Wenn man weiß, wie… Ich hatte erst man Probleme, das Schloss zu finden, aber wo sonst als auf der linken Seite kann es sitzen? Dann endlich läuft der Motor. In den ersten Minuten will er etwas mehr Gas, um am Leben zu bleiben, sobald das aber mal vorbei ist, läuft er auch im Standgas richtig rund, mit sattem, sonorem Blubbern. Was man nicht allzu lange genießen kann, da sich innerhalb kürzester Zeit eine Turbine einschaltet, die im Stand das schöne Zweizylindergeräusch komplett überlagert. Aber dazu später mehr.

Dann ging es los. Das Kurvenverhalten im “langsamen” Betrieb ist gefällig, vielleicht ein klein wenig indirekt. Zuerst fuhr ich auf die Autobahn, um aus Ruchheim wegzukommen. Ab 120 km/h stellt sich ein Pendeln und Wackeln um die Längsachse ein, das ich zum letzten Mal vor dreißig Jahren auf einer XT erleben durfte. Bei der Ulysses – um etwas vorzugreifen – bleibt diese Neigung ohne Verstärkung bis nach oben hin gleich. Was den Spaß für höhere Geschwindigkeiten zumindest für mich reduziert. Aber dafür ist sie ja nicht gemacht.

Gut. Um so ein Bike zu testen, ist meine “Hausstrecke” wunderbar geeignet: Bundesstraße / Landstraße bis Landau, dann die B10 hoch bis zur Ausfahrt “Johanniskreuz”, und von dort aus die B48 hinauf bis zum Epizentrum der Biker in der Vorderpfalz: Das Johanniskreuz. Die Strecke war am Samstag angenehm leer (wirklich!), es gab nicht einmal den Zwang, trotz der durchgezogenen Linie einen Wagen zu überholen. Ein seltenes Ereignis, ich habe es entsprechend gewürdigt. Zurück zur Ulysses: Neben der rechten Fußraste ist eine Ablagemöglichkeit für den rechten großen Zeh. Da steht doch tatsächlich ein Hebel in der Gegend herum, der einfach nur stört. Spaß beiseite: Die Hinterradbremse ist einfach unwirksam. Ich glaube nicht, dass es an dieser Maschine lag (sie hatte gerade mal 2.000 km auf dem Zähler), ich gehe davon aus, dass das Absicht ist. Dafür packt die vordere Bremse, die am Radkranz befestigt ist, gnadenlos zu. Damit kann man die Maschine bis hin zum Stoppy herunterbremsen. Man sollte jetzt nicht erwarten, dass das fein zu dosieren ist, nein, man kann damit einfach bremsen. Und sollte sehr vorsichtig damit umgehen: Die Maschine hat die Angewohnheit, beim Bremsen dermaßen zu nicken – wobei gleichzeitig das Heck nach oben geht – und sich dabei auch noch aufzurichten, dass man tunlichst schon vor einer Kurve die richtige Geschwindigkeit haben sollte. Auch das Herunterschalten ist vor den Kurven angesagt, mitten drin macht es sich wirklich nicht gut.

Der Motor hat bullig (oder soll ich sagen: Buell-ig?) Kraft und Drehmoment. Er will aber trotz der 1.200 Kubik nicht untertourig gefahren werden. So zwischen 3.000 und 4.000 Umdrehungen sollten schon anliegen, damit er willig die Bewegungen der rechten Hand annimmt. Für mich nicht gelungen ist die Übersetzung: Der erste Gang ist bei 70-80 km/h am Drehzahllimit, der zweite kommt aber da erst in den richtigen Drehzahlbereich. Wie also soll man in der Stadt oder auf engen, kurvigen Strecken fahren? Im ersten Gang? Oder im Zweiten? In der Stadt mag das ja noch angehen, aber wie gesagt: Das Schalten in Kurven ist prinzipiell nicht zu empfehlen. Je schneller aber die Kuven sind, desto mehr Spaß macht die Kleine. Zweiter und dritter Gang sind gleichermaßen geeignet, ab ca. 90 km/h die Ulysses am Laufen zu halten. Und wie sie geht! Der kurze Sprint zwischen zwei Kurven zum Überholen wird von ihr mit einer Bravour erledigt, dass man sich fast schon mehr Autos auf der Straße wünscht. 😉

Nun gut. Am Johanniskreuz angekommen stellte ich die Motor ab. Doch ein extrem nervendes, turbinenartiges Geräusch – das ich auch schon vorher bemerkt hatte, aber auf den Antriebsriemen geschoben hatte – tönte weiter. Dass am JK Bikes bestaunt werden, weil sie gut hergerichtet, offensichtlich scharfgemacht oder einfach nur schön sind, ist ja normal. Zu mir aber kamen während der drei Tage laufend die Leute her, um mich nach dem Geräusch zu fragen. Nun, die mir zur Verfügung gestellte Maschine ist aus dem Baujahr 2005, als der Motor noch luftgekühlt gebaut wurde (das soll sich geändert haben). Und für den hinteren Zylinder wurde ein eigener Ventilator verbaut, der mit einem extremen Geräusch versucht, normale Temperaturen zu erzeugen. Das nervt so sehr, dass es für mich ein sicherer Grund wäre, die Maschine NICHT zu kaufen. Auch wenn sie sonst Spaß macht.

Dieser Spaß war dann der Grund, weshalb ich meinen Ausflug fortsetzte. Über Hochspeyer, Enkenbach, Ramsen und Hettenleidelheim (oder für Einheimische “Hettrrrm”) ging es nach Höningen, zur besten Kurvenübungsstrecke der Vorderpfalz: Über zwölf Kilometer zieht sich diese schmale, kurvige Strecke dahin, zwischen den Kurven immer wieder mit Gelegenheiten, einmal richtig zu beschleunigen. Spaß pur. Und wie gesagt, eine gute Gelegenheit, das Kurven-, Beschleunigungs- und Bremsverhalten von Motorrädern auszuprobieren. Über Weisenheim am Berg, Kirchheim, Kallstadt und Ungstein ging es zurück nach DÜW.

Ein schönes Erlebnis, eine schöne Tour, morgen wird es mehr Erfahrungen geben!

Als Service kommt hier die Streckenliste:

Streckenliste:
Bad Dürkheim
Neustadt
geradeaus auf die Autobahn
Landau
rechts.png Rechts auf B10
links.png Links auf L48
Johanniskreuz
Fischbach
Hochspeyer
rechts.png Rechts auf B37
links.png Links auf B48
Enkenbach-Alsenborn
Ramsen
Hettenleidelheim
Altleiningen
Höningen
links.png Links auf L517
Leistadt
Weisenheim am Berg
rechts.png Rechts auf K1
Kirchheim
rechts.png Rechts auf B271
Herxheim am Berg
Kallstadt
Ungstein
rechts.png Rechts auf B37
Bad Dürkheim

Heut’ geht’s mir gut! 😎

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