Der Nebel, oder besser gesagt die Wolken um Dich herum verhindern den Blick in die Täler, sie lassen Dich die Umwelt nur erahnen, Du merkst, wie sehr Deine Wahrnehmung auf der Sicht beruht, wie reduziert die anderen Sinne sind. Und doch kommen die Geräusche zu Dir: Das Klatschen der Tropfen auf dem nassen Waldweg, das Knacken und Knuspern der Knospen, die gerade dabei sind, sich zu öffnen, das Plätschern des Bachs neben Dir, das Wispern und Wimmern der Bäume, das Bollern und Quietschen der Motorräder und das anschließende Wummern des Rettungshubschraubers.

Und wenn Du ganz genau hinhörst, dann kannst Du sogar das Rammeln des Borkenkäfers in seiner Rammelstube hören. Über allem, als konstante Begleitung, der Gesang und Streit der Amseln. Hin und wieder das charakteristische KRI KRI des Schwarzspechts, der sich durch Dich in seiner Ruhe gestört fühlt. Bei jedem Schritt quatschen Deine Schuhe, und Dir ist klar, dass ein Hochmoor den Regen braucht, um ein Hochmoor zu sein und zu bleiben.

In den durchdringenden Modergeruch der verrottenden Moose mischt sich ein anderer Geruch, den Du nur aus Ställen oder dem Zoo kennst, und richtig: Auf der Wiese neben Dir, keine fünfzig Meter entfernt, und nur durch einen Bach von Dir getrennt erscheint eine Rotte von Bachen mit ihren Frischlingen – fast schon Überläufer – schemenhaft aus dem Nebel und durchwühlt auf der Suche nach Essbarem den Boden. Vor Dir, durch ein Loch in den Wolken hell angestrahlt (ihh, wie kitschig!), kreuzen zwei Rehe Deinen Pfad, und ein aufgescheuchter Hase hoppelt, die Blume eifrig schwenkend, gemächlich vor Dir den Weg entlang. Wenn sich jetzt noch ein Löwe zu den Schafen auf der Weide gesellt, weißt Du, wo Breughel das Motiv für das Paar in den elysischen Gefilden herhatte. Doch statt des Brüllen des Löwen hörst Du nur das gequälte Kreischen reißenden Metalls, wenn wieder einmal ein Auto die Kurve nicht geschafft hat.

Durch Vivians Wiegenlied mit Lothars tatkräftiger Unterstützung konnte aus dem toten, denaturierten Schwarzwald endlich wieder ein lebendiges, abwechslungsreiches, interessantes Biotop werden, das leider durch viel zuviele Straßen erschlossen ist. Wenn die gedankliche Verbohrtheit der Verantwortlichen immer eine Katastrophe benötigt, um beseitigt zu werden, dann wünsche ich dem Liebespaar Vivian und Lothar viele Nachkommen! Und denen können sie dann eine neue Strophe ihres Wiegenlieds singen:

“Bunt strebt der Wald und schreiet!”

Heut’ geht’s mir gut! 😎

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