Aus irgend einem Grund habe ich es bisher versäumt, über das Restaurant zu schreiben, das ich eindeutig am häufigsten in Hamburg besucht habe. Aber vielleicht liegt es daran, dass ich nicht zu viele auf dieses Kleinod der Hamburger Küche aufmerksam machen möchte.

Seit meinem letzten Besuch im Altamira hat sich wenig und viel getan: Wenig in Bezug auf die Ausstattung. Immer noch kommt man in das Wohnzimmer einer studentischen Wohngemeinschaft: Möbel, die offensichtlich schon mindestens zwei andere Leben hinter sich gebracht haben, eng gestellt, einfach gemütlich. Und vor allem: Sauber!

Viel getan hat sich aber in Bezug auf das Rauchen: Beim letzten Mal stand eine große Gruppe von Gästen im Eingang und hat geraucht, das wurde zum Glück inzwischen abgestellt. Man kann sein Essen endlich ohne Fremdeinflüsse genießen.

Natürlich habe ich einen Tisch reserviert, dies verhindert, dass wir stundenlang am Eingang warten müssen, bis etwas frei wird. Auf gut deutsch: Ohne Reservierung geht hier gar nichts!

Heute bin ich mit zwei Freunden hier, die das Altamira noch nicht kennen, die aber in Bezug auf Unbekanntes genau so neugierig und offen sind wie ich. Dieser Abend kann also ein SEHR interessanter werden. Zum Glück besteht niemand auf seinem Recht, genau das zu essen, was persönlich bestellt wird, daher können wir gegenseitig alles probieren. Was wir auch intensiv machen.

Wir beginnen den Abend mit einer Runde, bei der sich jeder zwei Tapas aussucht. Und dabei kommen als erstes Champiñones en jamón, in rohen Schinken eingehüllte Champignons, mit Parmesan gratiniert heraus.

Dazu gibt es Queso de cabra gratinado con romero en salsa de arándanos, ein Ziegenkäse, der mit Rosmarin überbacken wurde und auf einer Johannisbeersauce serviert wird.

Natürlich darf das Fleisch nicht fehlen, wir beginnen den Abend in dieser Hinsicht mit Pata negra in Pernot-Sauce, einem Schnitzel vom iberischen Schwein,

den unumgänglichen Datiles con bacon (Datteln im Speckmantel)

und Chorizo, allerdings leider nicht a la cazuela, also in Scheiben in der Tonschale, sondern ganz profan in Stifte geschnitten, kurz angebraten und auf einer Scheibe Baguette serviert. Geschmeckt hat es trotzdem, auch wenn wir etwas anderes erwartet hatten.

Genau wie erwartet zeigt sich der Spieß vom Lamm mit Salsa, mit dem die erste Runde leider zu Ende ist.

Hatte ich gesagt, dass wir alle Drei interessiert an neuen Geschmäckern sind, dass wir gerne essen und uns von nichts abschrecken lassen? Abschreckendes gibt es hier natürlich nicht, und selbst wenn hätten wir uns nicht abhalten lassen, die zweite Runde zu bestellen.

Diese wird eröffnet vom Conejo a la Castellana, einem Kaninchen in Rotwein-Tomatensauce. Das Rezept dazu habe ich leider nicht bekommen, da muss ich wohl selbst ein wenig probieren.

Nicht minder interessant – und das meine ich positiv! – zeigt sich die Pechuga de pollo al pin pin, die Hühnchenbrust in Cognacsauce.

Alternativ dazu gibt es das Hühnchen auch als Pollo al curry, sprich in einer Currysauce.

Und weil in dieser Auswahl bisher das Meer zu kurz gekommen ist, gibt es noch Gambas al ajillo, also Garnelen in KNOBLAUCH-Öl. Es war ungefähr so viel Knoblauch im Öl wie Garnelen. Wie gut, dass ich am folgenden Tag “nur” mit Kollegen und nicht mit Kunden zu tun habe… 🙂

Klar, wenn wir uns schon so auf Klassiker stürzen, dann dürfen die Albóndigas en salsa de tomate, die Hackfleischbällchen in Tomatensauce nicht fehlen.

Aber natürlich bestellen wir auch noch Dinge, die nicht zu den Standards gehören. Hierzu gehört ein Salat (wie bitte? Ein Salat? Na ja, ich war ja nicht alleine! 😉 ), genauer gesagt ein Frühlingssalat Ensalada Primavera, mit Walnüssen, Sonnenblumenkernen und Früchten, begleitet von einem verblüffenden, weil fruchtigen Dressing. Und ich muss zugeben, dass es mir geschmeckt hat.

Irgendwann ist aber Schluss mit den Hauptspeisen, weshalb wir uns den Nachspeisen zuwenden. Allerdings halten wir uns zurück und bestellen nur einen einfachen Flan, also einen Karamellpudding,

sowie eine Crema Catalana, eine Vanillecreme mit karamellisiertem Zucker.

Tja, was soll ich noch sagen? Mein erstes Konzept sah vor, dass ich jeden einzelnen Gang genau beschreibe, das ich darlege, wie das Fleisch auf der Zunge zerfällt, wie gut sich die Aromen ergänzen, wie unterschiedlich das Hühnchen in den verschiedenen Speisen schmeckt, wie die Haptik und Textur aller Speisen passt. Aber irgendwie sieht man dann den Wald vor lauter Bäumen nicht, daher mache ich es heute einmal anders: Das Altamira war die Male, die ich bisher hier war, immer wie ein Leuchtturm im Ozean der Restaurants, und diese Eigenschaft gilt auch heute noch. Mir ist noch nichts serviert worden, das mit nicht geschmeckt hätte, es war noch nicht einmal etwas darunter, das meinen perönlichen Geschmack nicht getroffen hätte. Und da die Bedienungen sich nicht nur Mühe geben, sondern wirklich sehr nett, zuvorkommend und aufmerksam sind und dabei auch noch lächeln können (auch wenn im Nebenzimmer eine Geburtstagsfeier stattfindet, deren Gäste laufend kommen und gehen…), und dieses Verhalten einen Gutteil zu dem Eindruck beträgt, das das Altamira  hinterlässt, kann ich einfach nur sagen, dass ich mich hier fast wie zuhause fühle. Und dazu fehlt nicht viel.

Heut geht’s mir gut! 😎

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