Strahlend blauer Himmel erwartet uns heute als wir aus dem Hotel kommen. Na ja, er ist etwas gelblich, denn in der Nähe des Hotels wurde gerade eine mit Braunkohle gefeuerte Heizung angeworfen. Ein unangenehmer Seiteneffekt des blauen Himmels ist aber die Kälte. Irgendwo um die 5 Grad Celsius dürfte es bei unserer Abfahrt haben. Entsprechend vorsichtig lassen wir es die ersten Kilometer angehen, vor allem, weil sie uns parallel zu dem idyllischen Březová-Stausee durch herbstliche Wälder führen, mit feuchten Blättern auf der Straße.

Bald schon geht es dann von der gut ausgebauten Bundestraße rechts ab auf eine schmale, vernachlässigte Nebenstraße, die uns durch verwunschene Orte auf verwinkelten Straßen bis nach Tepla Klaster führt, ein leider sehr heruntergekommenes Kloster, bei dem aber eines deutlich wird: Wenn etwas renoviert wird und nicht hinreichend Geld da ist, dann wird als Erstes das Dach gemacht. Damit wird immerhin der Verfall gestoppt. Und wie uns bei einigen anderen Ruinen auch aufgefallen ist: Ein Teil wird immer gastronomisch oder als Hotel benutzt, und dieser Teil ist topp wiederhergestellt. Vielleicht kommen ja aus dieser Nutzung anschließend Gelder für die Renovierung des Rests?

In das Kloster oder die Kirche kommen wir leider nicht hinein, da wir zu früh sind. Da wir aber inzwischen wieder hinreichend Wärme tanken konnten und den unnötigen Ballast loswerden konnten, den wir beim Frühstück zu uns genommen hatten, steht einer Weiterfahrt nichts im Wege. Allerdings müssen zwei von uns tanken, und in dieser Gegend eine Tankstelle zu finden ist nicht gerade das Einfachste. Das Ergebnis unserer Suche ist, dass wir auf direktem Wege nach Pilsen fahren, um beim Globus zu tanken. Diese Pause nutze ich, um einen Kaffee zu trinken und ein “richtiges” Fahrtenbuch zu schreiben, da das Navigationsgerät seinen Geist an der Grenze aufgegeben hat. Oder besser gesagt: Die Karten hörten dort auf.

Von Pilsen führt uns unser neuer Weg nach Svihov, einer gotischen Burganlage, die bis heute sowohl bewohnt als auch benutzt wird. Als wir dort waren wurde gerade eine Trauung durchgeführt, auf dem ganzen Gelände warteten Gäste auf das Brautpaar.

Leider sind die Getränke in dem Auto nicht für uns. 😉

Faszinierend an dem Weg nach Svihov ist, dass ein großer Teil aus den bekannten, mit Schlaglöchern überzogenen Straßen besteht, wie sie auch im Westen im Niemandsland zu finden sind. Plötzlich aber, in einem idyllischen Talgrund, befanden wir uns auf einem ungefähr fünf Kilometer langen, komplett neu aufgebauten Stück Straße, die – wie der Fluss – durch das Tal mäanderte, mit hervorragender Sicht nach vorne, die natürlich dazu einlud, Gas zu geben. Diese fünf Kilometer habe ich richtig genossen. Mal ausnahmsweise keine Schlaglochsucherei, keine Angst, dass hinter der nächsten Kurve eine Kuh oder ein Traktor auf der Straße steht, sondern einfach nur: Fahren! Danke Europa, denn daher kam mit hoher Wahrscheinlichkeit das Geld für diesen Ausbau.

Hinter Svihov nutzen wir dann schmale, unbezeichnete Wege für die Strecke nach Rokycany (wieso fällt mir hier immer Graziano ein?). Dort wollen wir zu Mittag essen, doch der Ort ist seltsamerweise wie ausgestorben. So gut wie keine Autos sind zu sehen, nur ein alter Mann schwätzt auf tschechisch auf uns ein. Irgendwann hat er wohl mal in Wismut Aue Fußball gespielt und fühlt sich daher zu den Deutschen hingezogen. Vielleicht war es aber auch nur die Harley, die seine Aufmerksamkeit erregte. Ist ja auch schon imponierend, wie sie dasteht.

Auf alle Fälle weist er uns mit Händen und Füßen und einem großen Redeschwall den Weg zu einem Restaurant, in dem zwar niemand sitzt, in dem aber alle Tische reserviert sind. Wir gehen davon aus, dass die Reservierung für das Abendessen ist. Wir jedenfalls müssen auf sesselähnlichen Stühlen Platz nehmen und dort unsere Penne mit Pestosauce und Hühnerbruststreifen zu uns nehmen. Nun ja, wir sind satt geworden.

Uns reicht jetzt auch die Fahrerei auf Nebenstrecken, wie wir überhaupt genug vom Fahren durch braunkohlegeschwängerte Luft haben, so dass wir den Rest bis Prag – immerhin noch rund 60 Kilometer – nicht durch die Pampa, sondern auf der gut ausgebauten Bundesstraße parallel zur Autobahn hinter uns bringen. Auch die Abstecher nach Krivoklat und Karlštejn fallen dieser Einstellung zum Opfer.

Dieses Photo stammt von  Elke Ondrusch und ihrer sehr guten Reise-Seite www.elke-ondrusch.de

Wenigstens ein Photo von Karlstein muss hier Platz finden, auch wenn wir nicht dort waren. 😉

Zum Glück hatte ich mir die Anfahrt zum Hotel Pyramida schon im Vorfeld angesehen, so dass wir nicht allzu lang suchen mussten. Die letzten Kilometer hat mich dann mein Blackberry bei der Zielanfahrt unterstützt.

Pünktlich mit unserer Ankunft in Prag hat der Himmel ein Einsehen mit uns, die Wolken verschwinden und wir beschließen, die Stadt zu Fuß zu erkunden. Nach kurzem Einziehen ins Hotel und Umziehen auf dem Zimmer sowie einem noch kürzeren Telefonat mit den Daheimgebliebenen machen wir uns auf den Weg am Hradschin vorbei in die Stadt. Es ist zwar immer noch empfindlich kalt, durch die Bewegung – immerhin liegt das Hotel rund drei Kilometer von der Karlsbrücke entfernt ganz oben auf dem Berg, also rund 110 Meter höher – wird uns aber warm. Bei jedem der drei Gänge, die wir in den zwei Tagen Aufenthalt in Prag unternehmen. Heute gönnen wir uns einfach einen Blick auf die am Rande des Weges liegenden Sehenswürdigkeiten (Hradschin, Karlsbrücke, Altstadt, Marktplatz), überlegen uns, was wir morgen machen und nehmen eine typische tschechische Spezialität, einen Grillspieß im Restaurant “U Dominikana” zu uns. 😉

Der Heimweg hat den Vorteil, dass man aufhört zu frieren, allerdings ist die moderate Wirkung des vorher genossenen Alkohols zunichte gemacht. 🙁 Daher wollen wir im Hotel noch einen Absacker zu uns nehmen, die triste Anmutung des real existierenden Sozialismus der durch Neonleuchten hell erleuchteten Bar lässt uns davon jedoch Abstand nehmen.

Wir sind in Prag angekommen, heut’ geht’s mir gut. 😎

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