Was ein Ärger! So trüb und grau und kalt, wie der vorherige Tag geendet hat, geht dieser Tag wieder los. Die Hoffnung, wenigstens auf einem Teil der Strecke ohne die dicken Klamotten auskommen zu können, hat sich damit zerschlagen.

Also bringen wir die Ankleideprozedur hinter uns, fahren noch einmal mit dem Mikrofasertuch über Spiegel und Armaturen, und los gehts auf unseren Bikes Richtung Roth. Apropos Bikes: Diesmal setzt sich unsere Truppe aus einer BMW K1200S, einer Harley FLHTCUSE2 (oder so ähnlich; können die ihren Mopeds nicht normale Namen geben? 😉 ) und einer Kawa Versys zusammen.

Wild durcheinandergewürfelte Motorradtypen, aber auf so einer Strecke geht es wunderbar. Manchmal juckt es zwar, das rechte Handgelenk etwas mehr anzuwinkeln, aber… man ist ja brav und fährt in der Gruppe.

Irgendwie verschwimmen die nächsten 100 Kilometer: Colmberg,  Lehrberg, Ansbach, Lichtenau, Wolframs-Eschenbach, lauter nette Orte, aber irgendwie bleibt nichts hängen. Ja, Ansbach hat eine schöne Residenz, aber eben auch eine super Durchfahrtsstraße, die einen genau so schnell wieder aus dem Ort hinausbringt wie man hineingefahren ist.

Die Strecke nach Roth und der Ort selbst sind dann wieder im Gedächtnis geblieben: Windsbach, Abenberg, Aurau, lauter schöne, heimelige Orte.

Und dann Roth selbst, ein mittelalterliches Städtchen, das zum Bleiben einlädt, bei dem selbst an einem so trüben Tag die Sonne aufgeht.

Nach einer kleinen Rast zum Fassen von Benzin und Kaffee geht es weiter in Richtung Nürnberg. Schon von Weitem grüßt die Silhouette, und unser Entschluss steht schnell fest: Hinauf auf die Burg, um von dort aus einen Überblick zu bekommen. Aber das ist nicht ganz so einfach, wie wir uns das vorgestellt haben: Irgendwie wollen die Nürnberger nicht, dass jemand nach oben fährt, denn wir finden lange keinen Wegweiser, der uns den richtigen Weg zeigt. Irgendwann aber ist es soweit, und wir blicken auf Nürnberg hinab.

Das nächste Bild stammt von der offiziellen Homepage von Nürnberg. Hinter ihm verbirgt sich eine Panoramaansicht der Stadt; so professionelle Bilder kann man mit einer Amateurkamera für die Jackentasche nicht machen.

Anschließend rufen der Marktplatz mit seinen Buden (muss das sein?) und der Brunnen nach einer Besichtigung, und vor allem schreien unsere Mägen nach einer Füllung. Was wir ihnen gnädig gewähren.

Auf der Terrasse eines netten italienischen Restaurants (Da Claudio, SEHR empfehlenswert!) mit Blick auf den Marktplatz, durch die Kombis vor dem kalten Wind geschützt, genießen wir genau richtig zubereitete Speisen.

Jetzt fehlt nur noch der Wein, und die Urlaubsidylle ist vollständig. Aber der ist natürlich tagsüber verboten. Außerdem: Wein in Nürnberg? Unsere Erfahrungen lassen uns vor dieser Vorstellung zurückzucken. Das gilt für die gesamte Strecke, wie sich noch zeigen wird.

Während der Mittagspause bekommen wir mit, dass es auf der Autobahn bei Nürnberg einen schweren Unfall gegeben hat, und dass dadurch die Autobahnen komplett verstopft sind. Macht nichts, wir fahren ja Bundes- und Landstraßen. Das aber ist ein klarer Fall von “Denkste!”. Denn zwischen Nürnberg, Erlangen und Forchheim sind auch die Nebenstrecken so voll mit Autos und vor allem LKWs, dass wir uns in Forchheim dafür entscheiden, statt direkt nach Hirschaid (unserem Etappenziel) über Ebermannstadt, Egloffstein, Schweigelberg, Aufsess und Heiligenstadt zu fahren.

Dieser Umweg hat sich wahrlich gelohnt. Zum Einen haben wir absolut ruhige Straßen vor uns, zum Anderen aber sehen wir Orte, wie sie in einem Bilderbuch nicht schöner sein könnten. Teilweise kommt man sich vor wie in einer Kulisse zu einem Film, wobei es nicht ganz klar ist, ob es sich um einen Historienschinken oder ein Fantasymärchen handelt, so unwirklich und außerhalb des Normalen zeigt sich die Landschaft. Geschwungene Straßen, dunkle Wälder, ab und zu schaut die Sonne hinter den inzwischen tiefschwarzen Wolken hervor. Herz, was willst Du mehr?

Die Antwort auf diese Frage ist ganz einfach: Keinen Split auf Bitumen auf der Straße! So schön die Strecke ist, der Fahrbahnbelag lässt extrem zu wünschen übrig, und gegen Ende der Etappe, auf der Abfahrt nach Hirschaid hin, wird es ganz schlimm: Hier wurde die Straße abgefräst, aber dummerweise wurden die dabei anfallenden Steinchen nicht beseitigt. Dadurch fährt es sich wie auf Eis. Grausam. Die Spuren in der an eine Kurve angrenzenden Wiese zeigen, dass es auch Autos nicht besser ergeht als Motorrädern: Sie führen einfach nur geradeaus weiter, zum Glück an dem einzigen vorhandenen Baum vorbei.

Und dann kommt Hirschaid. In the middle of nowhere. Vor einigen Jahren habe ich hier einmal ein paar Veranstaltungen des Internet-Weinforums Wein-Plus mitgemacht, und irgendwie hat es mir damals so gut gefallen, das ich es auch für diese Tour ausgesucht habe.

Inzwischen ist aus dem idyllisch gelegenen Hotel mit einem Möbelhaus in Gehentfernung (mit Spiegelsaal im Obergeschoss!) ein komplettes, zugebautes Gewerbegebiet geworden, mit einer 7*24-Stunden Tankstelle gegenüber. Leider hat das ausgesuchte Hotel Drive Inn keine Garage, so dass wir die Mopeds vor der Türe auf dem öffentlichen Parkplatz stehen lassen müssen. Ganz wohl ist uns nicht dabei.

Das Hotel aber bietet das Wichtigste, das man braucht: Ein Bett, morgens die Gelegenheit zum Frühstücken und vor allem Ruhe.

Um die notwendige Bettschwere kümmern wir uns auf andere Weise: Wir fahren mit dem Taxi nach Bamberg, um uns die Stadt und den berühmten Reiter anzusehen und um – natürlich – das Rauchbier auszuprobieren. Die Taxifahrt ist schon ein Abenteuer für sich. Eine sehr freundliche Taxifahrerin aus Thüringen erzählt uns auf der Fahrt alles Wissenswerte über Bamberg, wo man gut Essen kann, was man trinken muss, was man sich ansehen muss.

Zuerst einmal, sozusagen als Einstimmung, haben wir eine kleine Bierprobe zu uns genommen.

Das ist so eine Sache: Wenn ich (nicht nur in der Pfalz oder in Baden) zu einem Winzer gehe und eine Weinprobe mache, dann bezahle ich erst einmal nichts dafür. Man geht davon aus, dass es ein gutes Folgegeschäft gibt. Und was macht die Brauerei in Bamberg? Die verlangt für drei Fingerhüte voll Bier richtig viel Geld. Ich weiß, warum ich normalerweise nur Wein trinke. 😉

Hier kommen jetzt die Beweisphotos, die zeigen, dass wir auch wirklich dort waren. Zuerst einmal ein schönes altes Fachwerkhaus:

Dann der Dom mit dem Reiter darin. Ja, wir sind zu Fuß auf den Berg gekraxelt!

Der Reiter selbst:

Oder ist der hier schöner?

Und dann natürlich das berühmte barockene Bubenbein:

Zu guter Letzt das für viele Leute Wichtigste aus Bamberg, das “Schlenkerla”:

Wie kann man das nur freiwillig trinken? Ich mag es schon nicht, wenn Würstchen zu sehr geräuchert wurden, was aber soll das bitteschön in einem Bier? Wenn es denn nur der Rauch wäre: Gut. Eine Eigenart. Aber dann auch noch Speck! Grausam! Was dieses Gesöff mit Bier zu tun hat, wie das durch die angeblich so dichten Maschen des Reinheitsgebots durchrutschen konnte, das muss mir mal jemand ganz genau erklären. Da lobe ich mir die Gesetze zur Weinherstellung, dort sind solche Eskapaden nicht zugelassen.

Das Abendessen – sehr wichtig, um den Geschmack des Rauchbiers wieder loszuwerden – bestand natürlich aus typisch fränkischen Spezialitäten, gefunden haben wir sie im Restaurant “Katzenbuckel” (leider ohne Homepage). Nicht nur in der Pfalz wird man vom Wirt aufgefordert, am Tisch etwas enger zusammen zu rücken, damit noch andere Gäste Platz nehmen können, nein, auch in Franken kommt das vor. Und wirklich: Es hat viel Spaß gemacht, wir haben einiges über die Gegend erfahren (wir hatten einen jungen Standesbeamten aus der Region am Tisch), und geschmeckt hat es auch noch. Es war natürlich klar, dass ich nach den Erfahrungen mit dem Schlenkerla wieder auf Wein umgestiegen bin, hier allerdings in Form von neuem Süßem.

Zufrieden und gesättigt ließen wir uns von einem Taxi zurück nach Hirschaid bringen.

Heut geht’s mir gut! 😎

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