Amden, Kanton Uri, Heidiland. Ein wunderschöner Morgen, leise tönende Glocken im Hintergrund, wolkenbedeckter Himmel, eigentlich wollen wir hierbleiben. Für mindestens zwei Wochen. Und nur die Gegend erkunden. Für’s Wandern aber ist es noch zu kalt und zu feucht, selbst die Wanderwege fühlen sich eher an wie ein Schwamm denn wie Alpenpfade. Also machen wir uns doch fertig für die Weiterfahrt.

Nach einem zweiten Blick auf den Himmel sind wir froh, dass wir alle auch die Regenkombis mitgenommen haben, denn eigentlich sollte dieses Wochenende europaweit nur wunderbarer Sonnenschein herrschen. Irgendwie aber hat sich das Wetter hier in den Alpen nicht daran gehalten, es ist zumindest bewölkt. Das Wetter war auch schuld daran, dass wir gestern den Weg über den Sattelegg wählen mussten, der ursprüngliche Plan sah vor, über den Klausen zu fahren. Der aber ist in diesem Jahr noch gesperrt, es hat einfach viel zu spät (für uns zu spät, für die Alpen aber ganz normal!) viel zu viel geschneit.

9:00 Uhr, alle haben es geschafft, das Frühstück zu beenden, die Rechnung zu bezahlen und das Bike zu packen. Alle sind abfahrbereit, und es liegt eine grandiose Tour vor uns. Zuerst wieder die kurvenreiche Strecke hinunter an den Walensee (420m), und dann auf den anderen Seite wieder hinauf auf 760m. Ein grandioser Blick auf den Walensee, Amden und das Heidiland belohnt uns hier:

 

Unter dem Höhenzug verbirgt sich ein gigantisches Höhlensystem, zu dessen Erforschung allerdings keiner der anwesenden Taucher das richtige Equipment dabei hatte. Wäre doch auch mal eine Idee: Mit dem Motorrad zum Tauchen…

Weiter ging’s auf unserem Weg zuerst einmal in DEN aktuellen Aufreger: Liechtenstein. Natürlich habe wir dort eine Pause eingelegt, und wie schon am Abend vorher stimmte das Timing: Kaum waren wir in der Fußgängerzone angekommen ertönte auch schon das Deutschlandlied. Ganz Liechtenstein war in Trachten auf den Beinen, im Zentrum von Vaduz fand ein Konzert eines sehr guten Blasorchesters statt. Wir ließen es uns bei dem übliche Apfelschorle und dem einen oder anderen Eiskaffee gut gehen, der Himmel gab nur wenige Tröpfchen von sich, so dass wir auch weiterhin draußen sitzen bleiben konnten.

Die nächsten Kilometer zwischen Vaduz und Feldkirch hatten mir bei der Planung Kopfzerbrechen bereitet: Sollten wir den direkten Weg auf der Landesstraße nehmen oder den kleinen Umweg auf der danebenliegenden Strecke wählen? Nun, die Wahl der Nebenstraße war die richtige: Sie führt am Rhein entlang durch eine nette Auenlandschaft, die für die bisher zu sehenden, von Gewerbebetrieben komplett belegten Schweizer Talgründen entschädigte.

Mitten drin kommt dann die Grenze nach Österreich, die aus einem Holzhäuschen und einer Bodenschwelle sowie einem 10km/h-Schild besteht, Grenzbeamte aber haben wir weder auf österreichischer noch auf Liechtensteiner Seite gesehen. War da nicht etwas mit EG-Außengrenze?

Vor uns lag jetzt der Aufstieg zum Faschinajoch, mit knapp 1.500 m der heutige “Höhepunkt” der Tour. Inzwischen hatte es doch ergiebiger begonnen zu regnen, so dass wir uns auf dem Joch dazu entschlossen, die Regenkombis anzuziehen. Mit Blick auf die Allgäuer Berge gab es keine andere Entscheidung: Dicke, schwarze Wolken hingen da über der Landschaft. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, weiterhin die Landschaft zu genießen.

In Lingenau machten wir an einem kleinen Gasthof Ansatz zu einer Pause, der aber hatte geschlossen, sodass wir weiterfahren mussten. Das aber wollte meine Stripple nicht: Sie zeigte mir (zum ersten Mal!) das Ölkontrolllämpchen, und sie weigerte sich konstant, sich starten zu lassen. Der Ölkontrollstab (ja, so etwas gibt es noch!) zeigte auch richtig, dass nur noch das notwendige Minimum vorhanden war, also fuhr einer von uns los, mir etwas von dem teuren Stoff zu holen. Das allerdings entpuppte sich an einem Sonntag Nachmittag als fast unmögliches Unterfangen, erst nach einer knappen Stunde hatte er eine offene Tankstelle gefunden, die ihm auch noch Motorradöl verkaufen konnte. Die anderen Mitreisenden waren in der Zwischenzeit in den nächsten Ort (Hittisau) in das nächste offen Gasthaus gefahren, es war ja wirklich nicht nötig, dass wir alle wegen dieser Lappalie im Regen herumsaßen.

Kaum war der Liter Öl in den Tiefen des Motors verschwunden, konnte ich diesen auch wieder starten und zusammen mit meinem Ölversorger zu den Anderen aufschließen. Ob dieses Verhalten der Stripple normal ist oder ob hier zwei verschiedene Dinge zusammengekommen sind weiß ich nicht. Diese Zwangspause hat uns aber vor einem großen Fehler bewahrt, den wir sonst gemacht hätten: In Hittisau nämlich entschieden wir uns, wegen der vorgerückten Zeit (es war schon 15:00 Uhr) nicht die Strecke über Oberstaufen und den Alpsee zu nehmen, sondern auf direktem Weg über Bregenz und Lindau zu unserem Tagesziel Nonnenhorn zu fahren. Auch dies war eine landschaftlich wunderschöne Strecke, ärgerlich war nur der kilometerlange Dauerstau durch Bregenz hindurch, der inzwischen wohl auch (an den sechsspurigen Schlangen ablesbar) durch die Tanktouristen angereichert wird.

Das Hotel Seehalde in Nonnenhorn erwartete uns bereits, die Zimmer waren zufriedenstellend, alle notwendigen Einrichtungen des Orts waren in Gehentfernung, auch zum See waren es nur ein paar Schritte.

Alles in allem waren wir mit dem erreichten Pensum zufrieden. Erst recht waren wir froh, als wir am Abend erfuhren, dass an diesem Nachmittag über Isny und dem Allgäu ein Unwetter mit 70 Liter Regen pro Quadratmeter und taubeneigroßen Hagelkörnern niedergegangen war. Wir wären zu dem Zeitpunkt mitten drin gewesen….

Der Abend gestaltete sich dann noch sehr geruhsam; zwei Stunden regenerieren, ab 19:00 Uhr ein gemütliches Bier im Hotel und dann ein kleiner Spaziergang zum Seewirt. Das Restaurant hatten wir ausgesucht, weil einige von uns unbedingt Felchen essen wollte. Es hat Spaß gemacht, irgendwie fühlten wir uns in die 70er Jahre zurückversetzt: Stoffbezogene Wände, orange und braune Töne dominieren, und selbst das Essen ist in dieser Zeit stehengeblieben… aber offensichtlich wird genau das gewünscht, denn das Restaurant war voll.

Zum Schluss machten wir dann noch einen kleinen Spaziergang auf den Anleger hinaus, ein letzter Cocktail in der Hotelbar (mit “ostdeutschen Treffpunkt”) rundete den Tag ab.

Treffpunkt am nächsten Morgen um 8:30 gefrühstückt am Motorrad. Ob das wohl klappen wird?

Zum Schluss kommt hier noch das Roadbook dieser Etappe: roadbook-pfingsten-tag-2.txt

Heut’ geht’s mir gut! 😎

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