Ein Motorrad, das schon aufgrund seiner Papierform in meine engere Wahl kommt, ist die Triumph Street Triple. Für sie gilt dasselbe wie für alle anderen, die in dieser Position sind: Sie müssen mindestens ein Wochenende lang zeigen, dass sie zu mir passen. Zufälligerweise haben mich ein paar Freunde gebeten, eine 3-Tages-Fahrt rund um den Bodensee auszuarbeiten; das habe ich genutzt, um mich mit der “Street” anzufreunden. Ausgeliehen habe ich sie mir bei “Palatina Motorräder” in Landau. Ist zwar etwas weiter entfernt, aber leider ist die Händlerdichte bei Triumph nicht ganz so dicht wie bei den Japanern. Aber ich fühlte mich schon aufgrund der Freundlichkeit des Personals bei der Bestellung und Abholung der Maschine sehr gut aufgehoben, das hat den weiten Weg wettgemacht.

Das ist sie also. DAS Wunderbike des letzten Jahres. Jeder Bericht schwärmt von ihr, es gibt eigentlich keinen Punkt, der an ihr zu kritisieren wäre. Ich bin ja mal sehr gespannt, ob das stimmt. Schon die ersten Kilometer in meiner Nachbarschaft zeigen, dass die Kritiker Recht gehabt haben. In fast jeder Situation liegt Leistung satt an, egal ob man den Motor hochorgelt oder irgendwo im Drehzahlkeller steckt. Selbst das Anfahren im vierten Gang nimmt er nicht übel (ich gebe zu, das ist mir an einer Ampel mitten in Basel passiert…). Die Bremsen packen gnadenlos zu, auf der ganzen Strecke haben sie mich trotz vieler Kurven niemals im Stich gelassen oder gar eine Tendenz zum Nachlassen gezeigt.

Zur Vorbereitung des Wochenendausflugs gehört natürlich auch die Frage, wie bzw. wo das Gepäck untergebrachte werden kann. Zum Glück besteht der Tank der Stripple aus Stahl, so dass mein magnetischer Tankrucksack funktioniert. Denn einen Gepäckträger gibt es nicht, dazu ist sie einfach nicht gemacht. Und Satteltaschen sollte man nicht unbedingt über die Auspuffröhren hängen…

Die Tour war in vier Etappen aufgeteilt, wobei die erste leider nicht schon am Vorabend durchgeführt werden konnte, da einige von uns noch arbeiten mussten. So trafen wir uns um 6:00 Uhr morgens – also noch mitten in der Nacht – gepackt und getankt an einem zentralen Treffpunkt. Es waren auch fast alle da, zwei kamen etwas später, da sie eine kurz zuvor eingerichtete Baustelle vergessen hatten. Jetzt ging es also los, 250 km Autobahn Richtung Basel. Ab Kandel in der Pfalz haben wir die Strecke auf französischer Seite genommen, zum Einen, weil dort von Haus aus Tempo 130 gilt, zum Anderen, weil normalerweise auf der A35/E25 viel weniger Verkehr herrscht als auf der A5 von Karlsruhe nach Basel. Da ich die Fahrt geplant hatte und die anderen aus Zeitmangel sich nicht um die Streckenführung kümmern konnten, durfte ich an der Spitze fahren. Für alle Fälle hatte jeder ein genaues Roadbook ausgehändigt bekommen, zusammen mit den Handynummern aller Teilnehmer sowie den Adressen der Hotels. Man weiß ja nie.

Die Fahrzeuge der Teilnehmer der Reise zeigten eine deutliche Präferenz einer bayerischen Motorradmarke: Eine BMW F650 CS (das ist die mit dem Staufach im Tank), eine K 1200 S, eine K 1200 ST, eine Harley-Davidson Electra Glide Ultra Classic und natürlich “meine” Street Triple. Sie war die einzige Maschine ohne Windschutz, noch nicht einmal der minimalistische Flyscreen war montiert. Das hat sich jedoch nicht als Problem herausgestellt, selbst Geschwindigkeiten jenseits der 160 waren über längere Strecken machbar. Die Befürchtung, dass der Tankrucksack nicht hält, wurde nach kurzer Zeit aus dem Weg geräumt, er saß auch bei über 190 km/h noch fest.

Die erste Halbetappe hat zweierlei gezeigt: Zum Einen ist 140-150 km/h ist für alle Teilnehmer der Tour eine gute Autobahn-Reisegeschwindigkeit, zum Zweiten ist die Stripple eindeutig die genügsamste. Nach rund 175 km (also nach knapp eindreiviertel Stunden) wurde der erste Stopp eingelegt, den wir auch zum Tanken nutzten; ich musste erheblich weniger bunkern als die anderen. Dadurch hat sich die Tatsache, dass die Stripple keine Tankanzeige hat, nicht negativ ausgewirkt. Ich habe einfach dann getankt, wenn die Anderen tanken mussten.

Nach Ver- und Entsorgung von Bikes und Mitfahrern (wir haben natürlich knapp 30 Minuten Pause gemacht) ging es dann weiter Richtung Basel. Weiterhin Autobahn, weiterhin problemlos. Da wir keine Lust hatten, für die fünf Maschinen jeweils eine Ganzjahresvignette zu kaufen, verließen wir die Autobahn in St. Louis, um von dort an über Land- und Nebenstraßen weiter zu fahren. In dem unten angehängten Roadbook beginnt die Zählung der Kilometer an dieser Ausfahrt, die Anreise habe ich wegen der Eindeutigkeit der Strecke nicht mit aufgenommen.

Bei km 15 haben wir dann oberhalb von Dornach in einem Gasthaus, das an einen Bauernhof angegliedert ist, unsere zweite Pause eingelegt. Leider hat sich unsere Hoffnung, dass wir dort frische oder gar kuhwarme Milch bekommen könnten nicht erfüllt, wir bekamen H-Milch serviert. Kurz darauf kam der Lieferwagen der Basel-Milch an, wir gehen nach dieser Erfahrung davon aus, dass er das Milchpulver liefert, aus dem dann die Milch gemacht wird. 😉

Weiter ging’s über anspruchsvolle, kurvenreiche Nebenstraßen, teilweise sehr gut ausgebaute Kantonalstraßen und durch schmale Schluchten nach Eschenbach, wo wohl ein Treffen von begeisterten Traktor- und Campinganhängerfreaks stattfand. Jedenfalls waren alle Straßen von lärmenden, Gestank verbreitenden, nur knapp 10km/h schnellen uralten Treckern belegt, die zum Unglück auch noch alle einen alten Anhänger hinter sich herzogen. Vor zwanzig Jahren hätte ich gesagt, dies war ein alternatives Protestlerdorf, das von einer AKW-Baustelle zu einer anderen verlegt wird. Aber heute? Seltsam…

Wir haben jedenfalls einen Abstecher nach Ballwil gemacht, hauptsächlich, um zu tanken. Dass neben der Tankstelle auch gleich noch die Zentrale von GG Quads zu finden war und wir deren Produkte natürlich gebührend bestaunen konnten war Zufall. Das ist nicht nur für Quad-Freunde ein Muss, jeder auch nur ein klein wenig Technikorientierte wird seine wahre Freunde an diesen Maschinen haben.

Der weitere Weg führte uns über Rotkreuz (Mittagspause im Restaurant zum Würfel, nicht weiter erwähnenswert), Cham, Zug und Ägerie nach Birchli zu einem der Höhepunkte der Tour: Der Sihlsee stellt ein künstliches Hindernis auf dem Weg von Osten nach Westen dar (es ist der größte künstliche See der Schweiz, zumindest nach der Oberfläche gerechnet), und anstatt die Straße einfach ober- oder unterhalb des Sees entlang zu führen wurde quer durch den See ein Viadukt auf Holzpfählen (!) gebaut. Für Motorradfahrer ist diese Strecke kein Problem, Autos aber sollten doch darauf achten, dass hier eine Breitenbeschränkung eingerichtet ist, da Gegenverkehr zu leichten Verstopfungen führen kann…

Von da an ging es den Berg hinauf auf den Sattelegg, eine bei Fahrrad- und Motorradfahrern sehr beliebte Strecke. Natürlich haben wir dort oben dann auch eine Pause eingelegt, Sehen und Gesehen werden war da das Motto.

Die letzten vierzig Kilometer zu unserem ersten Übernachtungsziel zogen sich ganz schön. Es war schon spät (gegen 17:00 Uhr), wir hatten rund 450 km in den Knochen, und keiner von uns war auch nur Teile der Strecke vorher schon einmal gefahren. Das hatte den ersten richtigen Verfahrer zur Folge: In Vorderthal am Ende der Satteleggstraße bin ich aus Versehen rechts statt links abgebogen, die Straße führte uns dann an einem Stausee entlang, allerdings wurde sie immer schmaler und schlechter. Als dann der Belag komplett aufbrach habe ich das Wagnis abgebrochen und den Weg das Tal hinab eingeschlagen. 15 Kilometer umsonst, und das nach solchen Strapazen… Künstlerpech.

Der weitere Weg war einfach: Immer der Hauptstraße nach bis nach Weesen, von dort aus die längste Alpenstraße mit der höchsten gleichmäßigen Steigung in Mitteleuropa (800 Höhenmeter auf 8 km!) den Berg hinauf bis nach Amden. Eine göttliche Strecke für das Motorrad!

Ziel dieser Etappe war das Hotel Arvenbüel.

Wunderbar in der Landschaft eingebettet, mit schönem Blick auf die (immer noch schneebedeckten) Berge liegt es da. Als wir unsere Zimmer bezogen hatten, sammelten sich im benachbarten Hof gerade die Kühe, um gemolken zu werden, und gleichzeitig begann ein einsamer Musiker damit, uns ein Ständchen auf dem Alphorn zu blasen. Ohne Witz! Besser hätte es gar nicht planen können. Das Abendessen im hauseigenen Restaurant war schmackhaft und sättigend, der Chardonnay aus dem Nachbarort Fly trinkbar, und wir alle so müde, dass wir um 22:00 Uhr schon die Augen zumachten. Die Nachtruhe war vom Feinsten, das Frühstück angemessen, wir waren zufrieden und können dieses Hotel nur weiterempfehlen.

Die Abfahrt war am nächsten Tag für 9:00 Uhr geplant. Ob das wohl auch klappt?

Hier ist das Roadbook für Tag 1: roadbook-pfingsten-tag-1.txt

Heut’ geht’s mir gut! 😎

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